Eine Nacht in Olten

Olten, wo sonst feiert man? Wo sonst verausgaben sich alle Hungrigen? Ich möchte hiermit einen jungen Abend einigermassen rekonstruieren. Vermutlich dramatisiere ich. Die Mitwisser dürfen mich korrigieren oder mir einige Details nachreichen, die ich nicht mehr klarstellen kann. Also, Olten.

Ich torkelte, schob mein Velo. Ich war bemüht, nicht zu stürzen. Ich aktivierte mich mit Disco-Funk. Bis S. mich überholte. Er flitzte den strengen Hang hinauf. Vermutlich euphorisiert. Frauen können einen wahrhaftig anfeuern, antreiben. Wenn ich verliebt bin, kann mich nichts bremsen, stoppen, aufhalten oder schwächen. Ich bin die und in Manie.

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Also hat mich S. überholt. Wir versuchten den Abend zu rekapitulieren. Dort einige Brüste, die mich nicht interessierten. Hier eine geil-willige, für mich nicht empfängliche Achtzehnjährige. Ich kann mich nicht erinnern. Vermutlich war der monatliche Fruchtbarkeitszyklus wohlgesonnen, er vertröstete die alternden Männern Oltens.

Ein offensichtlicher Frauenüberschuss motivierte verheiratete, ledige oder in Scheidung gequälte Männer. Ich habe mich mit der Gesellschaft von R. begnügt. Alkohol hat mich angetrieben. Ich habe grosszügig dosiert. Ich habe ausnahmsweise keine Lokalrunden spendiert, keine Muschishots verschüttet. Ich habe mich nicht verschuldet.

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Ich startete mit Bier, bis ich nicht mehr Bier trinken konnte. Dann steigerte ich mich mit Gin Tonic. Als ich schliesslich so besoffen war, dass ich nicht mehr tanzen konnte, beschwipste ich mich wieder mit Bier. Ja, zwischendurch tanzte ich. Ich tanzte einen versoffenen Ausdruckstanz. Ich schwebte, wippte und hüpfte durch den verdunkelten Keller.

Ich traf eine Halbcousine N. Ich habe höchstwahrscheinlich Peinliches gebeichtet. Vermutlich muss ich mich schämen. Aber wer mich kennt, weiss, dass ich nichts bereue. Ich telefoniere nächsten Tag nicht herum. Mein Drauf- und Doppelgängertum ist so offenkundig, dass es mir nicht einmal schaden würde, wenn alle Welt davon wüsste. Ich entschuldige mich nicht.

Der untypische Frauenüberschuss hat meine Kollegen O. und S. herausgefordert. Wir versteckten uns im Raucherbereich. Dorthin verlaufen selten Frauen. Frauen sind eher im Tanzkeller oder im geselligen Aufenthaltsbereich des Lokals zu treffen. Im Raucher verstümmeln sich bloss die Lokalhelden, die einander vertrauten Berufsjugendlichen.

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Bekanntlich flirte ich selten. Flirten kann zwar den Sinn, die Sprache und die Empathie schärfen. Denn ein Flirt ist wie ein Spiel, ist wie ein Training. So wie die Katze spielt, um in Form zu bleiben, für den Ernstfall, für die Entscheidungsschlacht sich zu rüsten. Aber ich spiele nicht, ich flirte nicht. Ich mag nicht üben, wenn ich stattdessen lieben kann.

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Ich kann bloss trinken. Nichts kann mich aufhalten oder davon abhalten. Meine Kollegen verschwinden entweder oder flirten. Ich sitze dann dort und trinke. Ich mag nicht mit Frauen quatschen, die ich nicht kenne. Ich mag nicht erklären müssen, was ich arbeite. Ich vereinfache mich dann einfach als Alkoholiker, was auch nicht gelogen ist.

Viel passiert ist nicht. Es war kein klassischer futuristischer Abend. Wir haben nichts zertrümmert oder zerstört. Aber es war ein anständiger Exzess. Ich habe kein Sozialkapital vernichtet. Ich bin nicht Amok gelaufen. Ich bin auch ruhiger geworden. Aber ich mag weiterhin, wenn ich anständig besoffen bin.


3 Antworten zu «Eine Nacht in Olten»

  1. […] mit Alkohol betäuben. Ich mag nicht Feste feiern, die mir nicht passen. Ich mag nicht irgendwo torkeln, wo ich meinen Heimweg nicht intuitiv […]

  2. […] Ich kann sie alle namentlich erwähnen, ich teilte Schule oder Frauen. Sporadisch auch eine wilde Nacht Oltens, wo wir uns gegenseitig befeuerten. Sie waren zu keinem Zeitpunkt klüger als ich. Sie […]

  3. […] Fünf Futuristen. Alle entschlossen. Wir wagten uns in eine grosse Stadt. Grösser als eine Nacht in Olten. Aber mit demselben Ausgang. Wir überraschten niemanden. Wir spielten unser Programm. Mit grossem […]

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