Uelis Camper

Ueli, der unbedeutende Unternehmensberater, besitzt nicht bloss Immobilien und mehrere Abwicklungs-Gesellschaften, die er dynamisiert, damit er nicht MWSt-pflichtig ist. Ueli hat auch heimlichen Fetisch. Es sind nicht Wachstropfen auf seinem Anzug, die ihn empören und entsetzen, damit er sich wieder einmal fühlt.

Es ist eine ganz klassische Verschwörungstheorie. Es sei angemerkt, dass Ueli zweifach promoviert ist, weil einfach nicht ausreicht als Unternehmensberater. Ueli nimmt das Zertifikatspielchen der Schweiz sehr ernst, weil er mittlerweile sich ausschliesslich in der Schweiz bewegt. Das war zwar nicht immer so, ist aber eine andere Geschichte.

Ueli ist nämlich überzeugt, dass wir allesamt in einer Art geopolitischem Vakuum fristen würden. Es ist nicht der nahende Endkampf zwischen der Absteigerin USA und dem Aufsteiger China. Nicht die Diskussion übers chinesische oder gar asiatische Jahrhundert. Vielmehr beschäftigt ihn, was der nächste Schritt der Nazi sein würde.

Nazis? Ja, Nazis, die sich aufm Südpol versteckt haben. Mit modernsten Massenvernichtungswaffen ausgestattet, die bloss auf die Rückeroberung der Welt warten würden. Hm. Nazis sind ja gute Unterhaltung. Aber weilen sie tatsächlich am Südpol? Werken an modernsten Waffen? Wollen uns blitzkriegartig mit Amphetamin überrennen?

Man mag zweifeln. Doch Ueli ist diesmal sehr beratungsresistent. Obschon sein wohlgesonnener anderer Unternehmensberater rät, die Quellen ausm Internetz kritisch zu würdigen, ist Ueli geradezu besessen und überzeugt, dass Nazis bloss noch den richtigen Moment abwarten würden, um die Welt zu erobern.

Psychologisch ist das natürlich sehr anstrengend. Du weisst, dass die Nazis jederzeit dich entmachten, enthaupten oder mindestens enteignen können – wie reagierst du als ein gewöhnlicher Mann angesichts dieser Anspannung? Diese Belastung zu schultern ist anspruchsvoll. Doch Ueli ist gerüstet mit der Leichtigkeit des Unternehmensberaterdaseins.

Die schlaflosen Nächten über die Sorge des drohenden Endsiegs sind akut, das Bedürfnis, zu spülen und das Bewusstsein zu verdrängen, sehr plausibel. Ueli ist nicht zu beneiden. Ueli muss enorm sich beherrschen und mässigen, nicht zu kapitulieren vor der drohenden Nazi-Übermacht ausm Südpol.

Wer das verinnerlicht hat, arbeitet ganz anders. Er arbeitet fortan bloss für sich. Für seinen kleinen mobilen Führerbunker irgendwo in einem Steuerparadies. Uelis Losung ist ein gediegener Camper. Mit dem kann er ortsunabhängig auch einen drohenden Angriff der Südpol-Nazis im Muotathal überleben. Das entspannt. 

Uelis grösste Alltagssorge ist folglich, ein angemessenes Wohnmobil mitsamt entsprechender Ausrüstung beschaffen zu können. Das dominiert den Berufsalltag. Es soll genug gross sein, um notgedrungen auch seine Frau und sein Töchterchen beherbergen zu können. Immerhin eine latente Fürsorge motiviert Ueli. 

Der Camper hat Ueli erfolgreich finanziert, er muss 1.5 Millionen CHF berappen. Seitdem ist er geschützt, er kann sich notfalls verbunkern. Die Südpol-Nazis haben keine Chance gegen Ueli, dem unbedeutenden Unternehmensberater, das fleischgewordene Provisorium. Ueli kann alles.


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