Die Stuben der Psychiatrien und Psychologen, Lebensberater und Coaches sind gefüllt. Die Betten der psychiatrischen Einrichtungen sind überbelegt. Eine Identitätskrise ist in jedem Lebensabschnitt zu erwarten. Das Normale ist das Wahnsinnige. Das Normale ist wahnsinnig dergestalt, dass das Wahnsinnige normal ist. Hypernormalität.
Die Menschen zerbrechen. Auslösende Ereignisse mögen variieren. Einige anerkennen, handeln und lassen sich therapieren. Andere verdrängen, schikanieren und versuchen mit Ersatzhandlungen zu funktionieren. Die Bewältigungsstrategien sind naturgemäss unterschiedlich. Erziehung, Kultur, Kontext, Umfeld beeinflussen wesentlich deren Auswahl.
Draussen in der Normalität wuchert der Wahnsinn. Das Stimmungsbild der Gesellschaft ist düster. Zwischenmenschliche Beziehungen verschwenden etliche psychische Energien auf Banalitäten. Die Gesellschaft als Gesamte toleriert Widersprüche. Die Gesellschaft honoriert zweifelhaftes Verhalten, aber verwahrt vermeintlich Unangepasste und Unnachgiebige
Junge wie Alte berauschen sich, müssen spülen, damit sie im Alltag fristen können. Der Dschungel der Grossstadt züchtet neurotische Menschen. Die Kampfzonen sind maximiert. Alle Lebensbereiche sind im Wettbewerb und im Dauervergleich. Das fragile Selbst versucht sich zu verorten und zu stabilisieren. Es schwankt und irrt.
Der grösste Wahnsinn ist die Normalität. Das normale Leben ist absurd. Die Last des Universums, der Weltschmerz, die Ungerechtigkeit, die Ausbeutung der Natur, die Sinnlosigkeit der Lohnabhängigkeit, die Bedeutungslosigkeit der eigenen Existenz im kosmologischen Kontext – das alles haben wir zu schultern.
Zudem beobachten wir die Überforderung und Ohnmacht unserer geliebten Mitmenschen, innerhalb dieser Welt sich zu arrangieren. Manche verlieren wir dem Alkohol, andere im alles durchdringenden Selbstzweifel, andere in den Kompensationshandlungen. Andere in unglücklich gewählten spezialisierten Einrichtungen. Nirgends und niemand ist sicher.
Es sind alle betroffen und trifft irgendwann jeden. Niemand ist sicher. Man kann anfänglich Widerstand leisten. Doch wir alle brechen. Wir sind schutzlos ausgeliefert. Das Ich im freudschen Sinne war nie «Herr im Haus». Nietzsche nahm uns Gott, Freud die Überzeugung, dass wir unsere Psyche beherrschen könnten. Niemand kann’s.
Wir sind alle verloren. Manche wissen es bloss noch nicht. Ein winziges Ereignis kann uns übermannen.
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