Der Todestrieb

Freud nannte ihn auch den Destruktionstrieb. Sadismus war eine leicht auffindbare Repräsentation davon. Der Todestrieb ist mit dem Lebenstrieb vermischt. Man kann einen Menschen gleichzeitig also lieben und hassen. Doch hiervon will ich heute nicht erzählen, das kann man alles im Jenseits des Lustprinzips nachlesen.

In der Geschichte über die alternden Jungs habe ich den sogenannten Endsieg als dämmerhaften Zustand eingeführt. Der Endsieg vervollkommnet den Todestrieb. Der Endsieg erstarrt, erübrigt das Leben. Es ist die höchstmöglichste Ausdrucksform. Es ist wie eine Philosophie, die mit der Frage «Warum soll ich mich nicht umbringen?» beginnt.

Ich kann allen Menschen beipflichten, die vermeintlich fahrlässig ihr Leben ruinieren. Ich kann unterschiedliche Formen der gezielten Selbstzerstörung beobachten. Ich mag sie alle. Ob man Nutten blank fickt, ob man seinen Körper trotz Erkrankung überstrapaziert, ob man sozial Amok läuft, ob man sich dem Lebenstrieb grundsätzlich verweigert.

Ich kann alle diese Bewegungen verstehen. Ich gelegentlich praktiziere auch meinen kleinen Todestrieb, auch und insbesondere wenn ich dem Endsieg näher rücke, ihn endlich spüre und sodann meine Selbstauflösung begrüsse. Ich bin geübt, dennoch fahrlässig. Solange ich mich selber bloss schädige, ist das akzeptabel.

Sobald mein Umfeld betroffen ist, muss ich stoppen. Doch manchmal bremse ich auch dann nicht. Ich provoziere. Ich kokettiere auch damit, dass ich unheilbar erkrankt bin. Vielleicht bin ich das, vielleicht auch nicht. Ich könnte mich ebensogut verabschieden, sterben und verschlüsselte Tagebücher hinterlassen.


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