Zu viele Brüste

Das Geschlecht identifiziert uns. Fickend wissen wir wieder, wer wir sind. Der Fortpflanzungstrieb dominiert unser Leben. Sobald die Jahreszeit es erlaubt, flanieren und vergnügen wir uns erneut. Wir kultivieren unseren Geschlecht; wir präsentieren unsere Titten, Ärsche, unsere Bretter und Hoden.

Eine Industrie des Kultes begleitet uns. Sie stimuliert und inspiriert uns stets. Wir optimieren unseren Körper, wir steigern unsere Wettbewerbskraft. Wir vernetzen uns gezielt, wir knüpfen die richtigen Gesprächsfaden, wir wetteifern stets. Wir überbieten uns, wir überhöhen uns. Wir alle wollen bloss geliebt werden – und ficken.

Ich verweigere mich nicht. Ich spiele mit. Ich kann mich nicht immunisieren. Ich bin ebenso übers Geschlecht geprägt. Ich muss mein Glied in einen empfangenden Frauenmund schieben. In der Zwischenzeit beobachte ich den knapp verdeckten Busen, die joggenden Bald-Muttis, die schwangeren Vollfrauen, die bemüht Studierenden.

Ich möchte mich zuweilen auch kostümieren, mich inszenieren als angesagte, begehrenswerte oder erfolgreiche Persönlichkeit. Mich mit akzeptierten Hobbys schmücken, mit gut ausgestatteten Freunden zieren. Irgendwie etwas simulieren erneut, um damit meinen Durchschlag zu maximieren. Aber stattdessen verzichte ich.

Ich betrinke mich. Ich erwarte nichts. Ich will nichts. Ich will keine Brüste mehr sehen, ich will nicht mehr kämpfen müssen. Ich bin einfach ermüdet. Ich sehne mich nach Ruhe, Normalität einerseits, nach Unruhe, nach Wildheit und Exzess andererseits. Irgendwas dazwischen zerreisst mich. Was fehlt mir bloss?


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