Die modernen Nutten

Ich werde auf einer Webseite angeboten. Man kann mein Profil anfordern. Darin steht, was ich mache und was ich nicht mache. Was meine Spezialitäten sind. Wie gut ich erklären, visualisieren und begründen kann. Mein Wissen, meine Erfahrung ist darin gelistet. Grosse Konzerne, Multimillionenprojekte, verantwortungsvolle Positionen. Zufriedene Kunden belegen meine Kompetenzen.

“Er hat uns gezeigt, dass wir trotz jahrelanger Erfahrungen noch nicht alles wissen.”
“Dank seiner Unterstützung konnten wir das Projekt erfolgreich meistern.”
“Er ist kompetent, witzig, gewinnend im Umgang; er kann überzeugen und stufengerecht kommunizieren.”

Manchmal werden mir sogar sprachliche Fähigkeiten attestiert, die ich selber niemals beanspruche würde. Ich spreche im Nachfragefall fliessend und verhandlungssicher Französisch. In Wirklichkeit kann ich meine drei-vier Sätze rezitieren. Ich bin aufgehübscht, aufgepolstert. Mein Schwanz wird sogar vergrössert. Meine Berufserfahrungen überzeichnet und ausgedehnt.

Ich bin eine wirkliche Nutte. Ich habe sogar ein Preisschild. Das man aber nie verrät. Denn ich werde stets über meinem Wert verkauft. Der Freier zahlt, er kann von unendlichen Firmenreserven schöpfen. Er bezahlt mich nicht selber, sondern eine abstrakte, anonyme Grosse, ein cost center oder profit center. Ich verrechne manchmal auch Aufwände, wenn ich wirklich unproduktiv bin. Aber ich bin immer noch produktiver als die Mehrheit.

Das ist mein Leben. Aber heute bin nicht im Business. Heute bin ich woanders.


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