Der pendelnde Arbeitsalltag

Olten. Grau. Du radelst zum Bahnhof. Du frierst. Dein Fuss schmerzt. Du humpelst. Deine Frisur ist verweht. Deine Nase tröpfelt. Dein Kaffee wärmt dich. Du erwartest den Fernverkehrszug. Du rauchst. Du musterst die Passagiere. Du steigst ein. Der Zug durchfährt einen Tunnel. Der Zug rast durchs Mittelland. Bald betrittst du die grosse Stadt.

Ich pendle. Ich pendle zwischen Lebenswirklichkeiten. Der Winter beansprucht deinen Körper. Du verschleisst rascher und schneller. Dein Körper zerbricht eher. Momentan bin ich angeschlagen. Die Schmerzen stammen aus Brüssel. Ich quäle mich durch den Alltag. Ich kann mich nicht mehr elegant fortbewegen. Ich höre Wagner.

Ich möchte mich wegsperren. Ich möchte meine Füsse hochlagern. Ich möchte mich wärmen. Ich möchte lesen. Doch die zeitgenössische Literatur reizt und fasziniert mich nicht. Der Norweger Karl Ove Knausgard langweilt mich mit seinem Liebesleben. Ich werde das Buch bald archivieren. Und stattdessen Klassiker wiederentdecken. Keinen Plan.

Mein Hals ist verschleimt. Ich huste im überfüllten Waggon. Die Mitpendler beargwöhnen mich. Nebenan besprechen Welsche Naturprojekte. Sie sind engagiert. Eine Teilzeitangestellte sammelt virtuelle Bälle. Ein gealterter Geschäftsmann studiert Excel-Formeln. Ein schnieker Jungmanager formuliert Emails mit grossen CC-Verteiler.

Bald bin ich wieder nützlich. Ich grüsse meine Kunden im Büro. Ich versinke in meinem Stuhl. Ich prüfe die gestrigen Performanz. Ich konsolidiere meine Besprechungsnotizen. Ich bereite mich vor. Ich empfehle Verbesserungsmassnahmen. Ich rauche. Ich gucke ausm Fenster. Ich beobachte das Eichhörnchen. Ich trinke Kaffee. Ich huste.