Was machst du so?

Du bist in Zürich. Ein Weihnachtsessen eines Finanzberaters blockiert die Bar. Deine Begleitung duzt den Kellner. Du wirst hineingelassen. Du setzt dich nieder. Du lockst und köderst. Du willst zwei Talente abwerben. Du hast eine Mission. Plötzlich gesellt sich eine Gruppe Menschen, gemischt im Geschlecht.

Die ersten Konversationen starten. Man toppt und übertrumpft. Die erste Frage ist jene des Berufes. Ein Klassiker Zürichs. Die wichtigste Frage überhaupt. Ich beende die Neugierde mit einem simplen “arbeitssuchend”. Ich habe meinen Status masslos heruntergesetzt. Meine Talente wetteifern. Der eine ist bei EY, der andere in der Industrie.

Ich beobachte die Szene, frage hier und da gezielt nach. Ich entschlüsse den Beruf und die Herkunft der Gegenpartei. Treuhänderin, Horgen. Sie führt einen grossen Bereich. Sie ist ungefähr meines Alters. Sie verschwindet. Ich bin erleichtert. Ich will nicht mit fremden Menschen meine Person inszenieren.

Ich will bloss meine Talente überzeugen. Ich will sie unterschriftsreif säuseln. Ich will, dass sie die Firma annehmen, dass sie sich beteiligen. Dass sie ihre sicheren Jobs kündigen und das Abenteuer mit mir wagen. Ich bin eine Art Leuchtturm, eine Art Referenz und Grösse. Ich bin eigentlich bemerkenswert. Ich vermittle ihnen meine Kultur.

Plötzlich nähert sich die Treuhänderin wieder. Ich bin angeschwipst. Natürlich. Das kann ich nicht verschweigen. Ich kann schwatzen, palavern und übertreiben. Sie will endlich wissen, was ich tue. Wer ich sei und so weiter. Woher ich stamme, wie ich wohne. Was ich arbeite. Und überhaupt, was ich hier tue.

Ich erkläre in totaler Nüchternheit und Unaufgeregtheit, dass ich als VRP hier neue Talente begeistern möchte. Sie interessiert sich für mich und meine Biografie. Ich möchte nicht erzählen, ich möchte nicht ausholen müssen. Ich verkürze und überspringe einige Passagen. Ich will nicht flirten. Sie nähert sich.

Sie möchte nun konkret erfahren, was ich konkret tue. Sie signalisiert ihr Interesse. Sie blufft mit ihren “alten” Visitenkarte. Doch ich will und kann nicht erklären, was ich so tue. Ich verstecke mich in klassischen Phasen wie “Prozesse verbessern”, “Vorgehensmodelle etablieren”, “Innovationen ermöglichen”. Alles wahr, aber nicht gerade überzeugend.

Ja, meine Talente doppeln nach, wollen assistieren, wollen beglaubigen und beherzigen. Doch die Treuhänderin amüsiert sich bloss. Sie amüsiert sich, dass wir nicht veranschaulichen können, was wir eigentlich tun. Und das ist das, was mich schlussendlich stört und auch weiterhin beschäftigt. Ich hatte meinen elevator pitch.

Aber ich bin grandios gescheitert. Ich konnte einer halbklugen Treuhänderin, die einigermassen unterrichtet ist wirtschaftlichen Belangen, nicht aufzeigen, was der added value unserer Unternehmensberatung sei. Das nächste Mal werde ich wohl vereinfachen müssen, ich repariere Computer.