Tragische Unfruchtbarkeit

Die Unfruchtbarkeit dieser Tage belastet mich persönlich nicht. Ich empfinde Zufriedenheit. Ein unfruchtbares Einzelschicksal gefährdet unsere Rasse nicht. Als Gemeinschaft überleben wir. Einzelne werden gewiss aussterben. Andere sind längst verunfallt, erkrankt oder ins Wasser gestiegen. Sie hatten nie ihre Möglichkeit erhalten. Sie konnte nie ihre Fruchtbarkeit herausfordern. Also, wieso bedauern wir, dass einzelne technisch sich nicht vermehren können?

Sich fortzupflanzen ist die unendliche Befriedigung unserer Ichs. Es ist der klassische narzisstische Grössenwahn, der sich verewigen möchte. Ein Kind muss denn auch verkörpern und verwirklichen, woran und womit wir selber scheiterten. Die grosse Projektion. Und eine genetische Mutation. Irgendwie verwandt. Zusätzlich stiftet ein Kind Sinn und Sicherheit. Das grösste Rätsel ist gelöst. Niemand muss mehr Sinn fragen. Niemand muss mehr verzweifeln.

Was ich mir wünsche, ist eine kollektive, epidemische Unfruchtbarkeit. Ich kann mir gut vorstellen, dass ganze Jahrgänge verseucht sind. Männliche wie weibliche. Ich möchte bloss die politischen Reaktionen abwarten. Ich möchte gerne die Tagespresse konsumieren. Ich möchte die Massenpanik und den Aktionismus geniessen. Das wäre mir ein Spektakel. Aber leider sind wir eine zähe Gattung. Wir werden noch kommende Atomkriege bewältigen. Wir werden die Rasse genetisch aufwerten.

Niemand muss sich fürchten. Trost für alle.