Kategorie: Allgemein


  • Soll ich auf Proxmox migrieren?

    Ich habe ja ein kleines Homelab. Das ist technisch ein Overkill. Es ist völlig überdimensioniert für meine akuten Bedürfnisse, überteuert hinsichtlich Hardware und Stromverbrauch ohnehin. Aber es ist ja ein Hobby, das muss kosten und beflissentlich praktiziert werden. So sind halt Männer-Hobbys. Ein Hobby, das nicht ausufert, ist kein richtiges Hobby.

    Ich nutze mein Homelab für meine privaten IT-Bedürfnisse. Ich verschlüssle, maskiere mein Surfverhalten, ich filtere Werbung, ich hoste Webseiten, ich archiviere Fotos, ich steuere mein Zuhause, ich schreibe Tagebücher, ich spiele mit Sprachmodellen. Ausserdem betreibe ich darauf noch einige Firmenlösungen. Zudem verschenke ich Speicherplatz für Familie und Freunde.

    Das Homelab bedarf permanenter Aufmerksamkeit. Ich muss Updates installieren, grosse wie kleine, Konfigurationen ausweiten, Sicherheitsmassnahmen verbessern, Speicherplatz erhöhen. Es gibt immer etwas zu tun. Etliche Dashboards informieren mich gerade, was in meinem Homelab – oder meistens eben nicht geht.

    Die Architektur ist historisch gewachsen. Und heute würde ich alles komplett anders aufsetzen, wohlgemerkt. Anfänglich bin ich mit zwei Raspberry Pi gestartet, die ich rasch um einige Mini-PCs erweitert habe. Danach habe ich erste Beefy-Servers hinzugefügt. Mittlerweile habe ich acht Raspberry Pi, fünf Mini-PCs, zwei Beefy-Servern mit unterschiedlichen GPU, ein Game-Server.

    Technisch würde ein Beefy-Server ausreichen. Darauf könnte ich alle Anwendungsfälle virtualisieren und ihn einigermassen auslasten. Genau dies wollte ich eigentlich im Januar 2025 bauen. Aber der neue Anti-Cheat von GTA5 bedingte ein «echtes» Windows; Proton oder auch virtuelle Lösungen waren fortan ausgeschlossen.

    Der Beefy-Promox-Server war damit Geschichte. Ich wollte spielen (Game-Server). Das habe ich damals priorisiert. Stattdessen habe ich zunächst in weitere Mini-PC investiert sowie zwei «echte» Beefy-Server beschafft. Dort laufen unterschiedliche Services. Für Storage habe ich alle fast alle Geräte in einem Ceph-Cluster zusammengefasst; orchestriert von den Beefy-Servern.

    Bei Ceph habe ich derzeit Schwierigkeiten, sie zu aktualisieren. Das Problem ist, dass der Cluster unterschiedliche Prozessor-Plattformen (ARM64 sowie AMD64) sowie dooferweise auch unterschiedliche Container-Plattformen (Podman und Docker) aufweist. Das war damals eine kleine Unachtsamkeit. Kein automatisches Update also mehr.

    Ich könnte sicherlich das manuell nachführen; jeden einzelnen Dämon in der richtigen Reihenfolge manuell für die jeweiligen Plattformen aktualisieren. Das ist einfach Handarbeit und fehleranfällig, weil sind insgesamt knapp hundert Dämonen. Da ich persönlich wertvolle Daten gesichert habe, fürchte ich auch einen Datenverlust. Ich habe Angst, dass ich unachtsam bin.

    Ich habe keine Lust, meinen Ceph Cluster wiederherstellen zu müssen. Das wird fummelig und Erfolgsaussichten sind gering. Ich kann Ceph knapp administrieren; ich würde mich aber niemals als Ceph-Master bezeichnen. Momentan ist mein Ceph-Cluster relativ stabil, abgesehen halt von der fehlenden Update-Fähigkeit. Ich habe 12 Hosts und 23 OSD. Das ist okay.

    Ebenfalls unglücklich ist, dass ich kaum noch GTA5 spiele. Ich habe sogar GTA+ abonniert. Ein weiteres sinnloses Abo, das monatlich meine Fixkosten erhöht. Mein Game-Server hat auch kein Secureboot. Ich kann es nicht aktivieren. Alles gemäss Anleitung probiert. Das ist übrigens auch der Grund, warum ich noch auf Windows 10 schwöre. Ohne Secureboot aber kein Battlefield.

    Ich spiele also nicht mehr GTA5, Battlefield 6 kann ich auch nicht. Das wären die zwei einzigen Spiele, die einen echten Windows-Game-Server rechtfertigen würden. Alle anderen Spiele (Stellaris vor allem) wären auf SteamOS in einer VM lauffähig und könnte ich problemlos mit Sunshine oder Parsec auf meinen Laptop oder auf das Steamdeck streamen.

    Dieser Windows-Game-Server wäre der ideale Kandidat für den ersten Host in einer Proxmox-Welt – wie original geplant. Allerdings müsste ich diesen noch aufrüsten. Das Mainboard ist leider nicht 10G-Ethernet fähig und hat für meinen Geschmack zu wenig PCIe-Lanes. Das müsste ich natürlich noch austauschen. Ausserdem brauche ich mehr Storage; den habe ich bereits gehamstert.

    Ich müsste bloss noch ein anständiges Mainboard beschaffen und dann könnte ich den auf Proxmox migrieren. Und dann wäre mein Plan, dass ich mindestens die zwei anderen Beefy-Server auf Proxmox migriere und als Cluster kopple. Dort ist dann die Frage, ob ich Ceph von Proxmox nutze oder mein originaler Ceph-Cluster.

    Eventuell belasse ich alle Raspberry Pi im Ceph-Cluster und mache einen neuen Ceph-Cluster für Proxmox, wo mindestens die drei Beefy-Server zusammengeführt sind. Ein Mini-PC mit den meisten SSD-Anschlussmöglichkeiten definiere ich eventuell als Proxmox Backup Server. Die vier restlichen werde ich wohl auch in den Proxmox-Cluster migrieren.

    Ich habe noch zwei Raspberry Pi, die kritische Aufgaben haben. Diese Services könnte ich eigentlich auf den Proxmox-Cluster legen und dort sogar redundant verfügbar machen. Da beide Raspberry Pi sowieso SSD per NVME haben, könnte ich sie am «alten» Ceph-Cluster anschliessen und diesen auf 8 Hosts und 8 OSD verbreitern – so als Backup vom Backup irgendwie.

    Hm. Ich bin mir noch unschlüssig. Ich werde mir aber sicherheitshalber mal das neue Mainboard bestellen, eventuell dann noch eine zweite fette AMD-Grafikkarte, idealerweise diese mit 32 GB, damit ich endlich die 100 GB VRAM-Grenze überschreite. Dann habe ich «Druck», das Projekt anzugehen. Vermutlich mache ich das während den Betriebsferien.

    Ich werde sicherlich zwei bis drei Tage damit beschäftigt sein. Ich muss nämlich alle Services einzeln brav migrieren und jeweils testen, ob alles funktioniert – bis ich überhaupt dran denken kann, einen Server komplett zu löschen und mit Proxmox neu aufzusetzen. Überdies muss ich alle Backup-Scripte, Konfigurationen etc. überall anpassen. Ächz.

    Aber ja, ist ein Hobby. Dann habe ich ein noch geileres Homelab – leider noch kein Home Datacenter, aber ja, eventuell kommt das noch.


  • Ach verloren bin ich

    Ich bin ein verlorener Sohn, gewiss. Ich bin auch eine verlorene Seele. Ich habe mich längst aufgegeben; ich dümple und irre bloss noch herum. Ich habe keinen «Auftrag», keine «Mission» fordert mich. Ich fühle mich entfremdet; von meinen sozialen Beziehungen, von der Welt und logischerweise von der Arbeit.

    Nicht viele Aktivitäten versprechen mir Freude und Befriedigung. Oftmals rubble ich auch stundenlang meinen Penis; ich beschäftige mich mit mir selbst. Und dann bin ich ganz entrückt dieser Welt. Ich muss nichts nachdenken, nichts machen, niemandem gefallen. Ich kann mich verstecken.

    Ich flüchte permanent; von der Welt, vor mir selbst, vor meinen Mitmenschen. Ich habe mich eigentlich längst daran gewöhnt. Ich bedauere meinen seelischen Zerfall auch nicht mehr; schon seit zwanzig Jahren nicht mehr. Phasenweise bin ich unglücklicher als unglücklich. Besoffen bin ich meistens unbeschwert, nicht wirklich glücklich – aber irgendwie wieder so leicht.

    Daher betrinke ich mich zu häufig, mindestens einmal wöchentlich erlebe ich einen «Absturz». Das ist grundsätzlich nicht so schlimm, weil war früher nicht anders, sondern bloss öfters. Aber mit fortgeschrittenem Alter werden die Nachwehen immer intensiver und ich brauche nun bereits zwei Erholtage, um mich wieder zu regenerieren.

    Mir ist durchaus bewusst, dass diese Art der Gegenwartsbewältigung überhaupt keine nachhaltige sei – stattdessen verlängert der ewige Absturz mein allgemeines Leiden. Immerhin macht der gelegentliche Absturz die Gegenwart einigermassen erträglicher, zumindest für einen lichten und viel zu kurzen Augenblick.

    Freitags bin ich neuerdings bevorzugt unterwegs, weil ich so das gesamte Wochenende für die Erholung nutzen kann. Ebenfalls kann ich so das Wochenende gut «durchhalten», weil ich mich ohnehin nur auf die Regeneration fokussieren kann. Ich fühle mich dann auch nicht bemüssigt, irgendwelchen sinnvollen Aktivitäten nachzugehen. Ich kann einfach lümmeln.

    Ob das mein ewiger Zustand bleibt? Werde ich irgendwann wieder «normaler», «glücklicher» und so? Werde ich mich wieder einer Aufgabe widmen können, welche mir einigermassen Freude und Erfüllung verspricht? Leider habe ich nicht viele Optionen; alle Klassiker entfallen. Ich kann keine Firma gründen, ich kann keine Kinder machen.

    Was mir bleibt, ist quasi die «Kunst», die vorallem den Künstler therapiert. Ich kann hier mein Doppelgängertum ausleben; tagsüber weiss, nachts schwarz. Ich kann hier und natürlich noch auf weiteren geheimen Plattformen meine Gedanken streuen und zwei-drei Menschen damit beeinflussen. Ich erwarte kein Publikum; ich brauche nicht wirklich ein Publikum.

    Weil ich mache das vordergründig für mich. Eine überschaubare Leserschaft wäre daher ein by-product. Und nicht das eigentliche Ziel dieser Bemühung. Ich will damit auch keinen kommerziellen Erfolg erwirtschaften. Möglichst wenig Ziele sind sinnvoll und erstrebenswert. Weil es geht eben bloss um mich.

    Ich vermute, dass nun doch einigermassen öfters hier etwas publizieren werde. Ich lasse euch wie gewohnt teilhaben. Die Leiden des schlecht gealterten Doppelgängers sind noch nicht finalisiert; sie werden noch weiter entstehen und sich vermehren. «Schicksalsschläge» sind willkommen und werden wohl weiterhin mich fordern.


  • Warum wieder so schreibfreudig?

    In den letzten Wochen habe ich mehr publiziert als in den letzten drei Jahren zusammengefasst. Ich habe komplett neue Organe geschaffen. Ich habe sogar alte Identitäten reaktiviert und einigermassen plausibilisiert. Seit mindestens 2008 war ich nicht mehr so engagiert. Warum bloss?

    Natürlich ist es naheliegend, alles auf den jüngsten Verlust zu schieben. Das kann alles erklären und Veränderungen im Verhalten auslösen. So sei es. Der jüngste Verlust hat mir die Vergänglichkeit und Endlichkeit allen Seins verdeutlicht. Technisch ist das keine neuen Erkenntnisse, sie hat sich aber darin akzentuiert.

    Ich rätsle aber, warum ich nicht früher bereits begonnen hatte. Musste wirklich zunächst ein Verlust mich «wachrütteln»? Weil ich habe nicht wirklich «mehr» Zeit oder Energie rein technisch betrachtet. Ich erledige meine Schreiberei auch nun bloss in Randzeiten. Sei es im Zug, sei es am «freien» Abend oder während der Arbeit.

    Vor zwei Jahren hätte ich wohl summarisch gleichviel Zeit aufwenden, ja investieren können in die Schreiberei. Ich tat es einfach nicht. Was habe ich stattdessen «geliefert»? War es nur Arbeit? Oder war es pure «Idle»? Oder musste ich mich einfach erholen? Weil der Alltag per Default sowieso anstrengend ist? Mehr Erholzeit einräumen?

    Vermutlich hat der Verlust eine kleine Manie ausgelöst. Jetzt unbedingt, jetzt erst recht und recht wieder. Jetzt muss ich «spurten». Ich habe inzwischen genug lange gewartet. Ich wollte anfänglich mit 40 meinen Job künden und wieder Künstler werden. Jetzt könnte ich «technisch». Und älter als 40 bin ich sowieso.

    Jetzt kann ich keine «Ausrede» bemühen. Jetzt bin ich mit Tatsachen konfrontiert. Jetzt kann ich nicht mehr flüchten. So erhöhe ich den Druck wohl unbewusst. Und irgendwann wollte ich mich lossagen; ich wollte wieder in die Tat schreiten und Verantwortung für mein Leben und meinen Lebenssinn übernehmen.


  • Ich verliere meine Zeit

    Zeit ist relativ. Denn die Geschwindigkeit, mit der man sich bewegt, verlangsamt die Zeit. Umso schneller man ist, umso langsamer scheint die Zeit. Hat also, wer hastet, die meiste Zeit? Bedeutet Unruhe Ruhe? 

    Wer achtsam lebt, hat die meiste Zeit – alles scheint intensiver, lebendiger und kann besser memoriert werden. Wer bloss durch den Alltag trottet, morgens aufsteht, abends spät erschlagen heimkehrt, schafft keine Zeit – er wird sich nicht erinnern. Er wird alles vergessen, die Tage verschwimmen, werden gleichförmig und unbedeutend, weil austauschbar. 

    Ich kann mich derzeit nicht mehr erinnern, ob Montag, Dienstag, Mittwoch, Donnerstag oder Freitag war. Selbst Wochenende zerrinnen. Ich wiederhole mich bloss. Tagsüber bin ich in einer Rolle gefangen, beruflich bin ich quasi ein Clown. Ein unendlich trauriger Clown. Ich hebe die Stimmung, erheitere und motiviere Teams, wo eigentlich nichts mehr zu retten ist. 

    Dazwischen bastle ich an meinen Servern, probiere und versuche neue Services einzurichten, die mindestens ich oder idealerweise jemand anderes nutzen könnte. Ich investiere regelmässig in weitere Hardware. Die Serverfarm wächst und gedeiht. Sie wird kontinuierlich überwacht. 

    Einmal wöchentlich will ich mich betrinken, allen im Beruf angesammelten Schmutz wegspülen, für einige Stunden blödeln und trollen. Damit schaffe ich aber auch keine Erinnerungen. Im Gegenteil, aufgrund des Alkohols erinnere ich mich überhaupt nicht. Ich leide bloss unter den Nachwehen. 

    Momentan zerrinnt mir die Zeit und das Leben. Selbst Arztbesuche, wo ich belehrt, aufgeklärt oder gemahnt werde, können den Trott nicht unterbrechen. Diese Moralisierungen perlen ab. Ich dämme einfach weiterhin vor mich hin. Ich verliere die Wahrnehmung meiner Zeit. Ich weiss bloss, dass sie abläuft.


  • Der Verlust

    Alles vergeht. Ziemlich abgedroschen. Ich weiss. Vergänglichkeit war seit jeher mein grosses Motiv. Ich war mir die Vergänglichkeit von Liebschaften, Beziehungen, Familie, aber auch von Eigentum und Ideen stets bewusst. Deswegen will ich auch so vieles davon bewahren respektive konservieren und mich stets erinnern.

    Ich kann aber nicht alles aufheben. Manches zertrümmerte ich eigenwillig. So löschte ich ganze Erinnerungen. Ich strich komplette Sequenzen aus meinem Lebenslauf. Oder ich ignorierte bewusst gewisse Erfahrungen respektive Entbehrungen. Ich beschönigte dies Verhalten als das Recht aufs Vergessen.

    Dabei war ich aber stets in der «Kontrolle». Ich habe selber definiert, was ich aufhebe, ausschmücke oder was ich vergesse, bishin verdränge. Ich war selbstwirksam. Extern ausgelöste Verluste waren selten. Natürlich war ich auch unglücklich verliebt, einseitig. Natürlich wurde mir die Arbeit gekündigt oder ich habe etwas verloren.

    Das waren eben seltene Momente. Ich schrieb meine Erinnerungen grösstenteils selber. Ich war ganz Herr meiner selbst – abzüglich meiner Emotionen und meinen natürlichen Verblendungen meiner Wahrnehmung, weil ich mir selber manchmal auch misstraue.

    Nun erleide ich einen Verlust ohnegleichen. Er war weder geplant noch beabsichtigt – ich war überhaupt nicht in Kontrolle. Dieser Verlust konnte ich auch nicht verhindern oder verzögern. Ich war klassisch ohnmächtig. Ich durfte den Verlust eines Lebens beklagen, das ich sehr intensiv begleitet und gepflegt habe.

    Ich habe damit auch den Sinn und die Aufgabe meines Lebens verloren. Ich konnte bislang alle meine Aktivitäten soweit lesen, dass sie mich stärkten oder unterstützen, den Sinn und die Aufgabe meines Lebens zu stützen.

    Das ist wohl der grösste und schlimmste Verlust, den ich bisher erlitten habe. Alle andere Verluste sind bloss «Verlüstchen». Obwohl ich in Vergänglichkeit geschult, ja gewissermassen diszipliniert bin, hat mich dieser Verlust ziemlich aufgewühlt – und tut es weiterhin wohlgemerkt. Es war nämlich die Liebe meines Lebens.

    Alles vergeht – diese Phrase beeindruckt mich nicht mehr. Ich bin mit der ultimativen Vergänglichkeit des Lebens konfrontiert. Alsbald werde ich sterben – oder meine Liebsten zuvor. Ich habe die Mitte des Lebens bekanntlich überschritten. Ich altere. Mein Körper ist geschunden. Ich bin verbraucht, abgekämpft. Zigaretten, Red Bull und Alkohol halten mich funktional.

    Prominente Religionen glauben an einen Kreislauf des Lebens. Damit tricksen sie die Vergänglichkeit. Sie negieren, dass etwas endet. Nichts endet – das Leben scheint als ewige Wiederkehr. Das tröstet. Die Unendlichkeit unserer Existenz besänftigt uns. Sie würde auch mich trösten – leider glaube ich nicht daran.

    Mit dem Tod endet das individuelle Leben. Gewiss überdauern Erinnerungen der Mitmenschen den individuellen Tod. Ich werde mich beispielsweise an meinen Verlust erinnern. Und so überlebt diese Person – als Erinnerung. Doch ihre physische Existenz ist erloschen. Sobald ich sterbe, werden sich sicherlich auch noch Menschen an mich erinnern. Nicht so viele gewiss, aber immerhin einige. Oder ich sterbe «als Letzter». Dann erinnert nichts mehr an mich. Bloss die Nachwelt überwindet den individuellen Tod.

    Ich kenne die Rationalisierungstechnik, indem man wiederholt, nichts sei wirklich «weg», solange man sich erinnere. Dem widerspreche ich nicht. Solange ich mich erinnere, lebt eben beispielsweise diese verlustig gewordene Person fort. Dennoch habe ich Sinn und Aufgabe verloren, ich muss eine Beziehung missen. Dennoch habe ich eben einen «Verlust».

    Und deswegen muss ich mich damit auseinandersetzen.

    Man könnte mir vorwerfen, dass ich meinen Sinn und meine Aufgabe zu sehr von einer Person abhängig gemacht habe. Schliesslich war ich ja auch nur «faul», und habe dadurch die nächstbeste Gelegenheit eines Lebenssinnes wahrgenommen. Ich habe mich natürlich auch gut darin eingerichtet, mein Leben dahingehend optimiert.

    Andererseits, was ist gegen Einfachheit einzuwenden? Der Sinn des Lebens ist recht umstritten, man ist sich selten einig – und das ist auch gut so. Ich habe vor mehr als acht Jahren hier geschrieben, der Sinn des Lebens sei es, Beziehungen zu gestalten. Das habe ich gemacht.

    Was nun folgen mag, ist erneute «Kontrolle». Es geht nicht darum, etwas zu vergessen. Sondern ich will lediglich meinen Sinn abermals gestalten. Über den Verlust werde ich hingegen nie «hinwegkommen». Das muss man auch nicht; denn alles Leben vergeht. Man kommt, um zu gehen – kitschig formuliert. Der Tod krönt das Leben. Der Tod finalisiert das Leben.

    Durch die Erinnerungen der Nachwelt verewigt der Tod sogar das Leben. Jetzt kann man sich bloss noch erinnern: an das Gute, Schöne und Erfreuliche. Nichts mehr muss das erloschene Leben mehr trüben. Keine Spannungen oder Konflikte relativieren das gemeinsam Erlebte. Jetzt ist man wieder «in Kontrolle», ich bin wieder «in Kontrolle». Ich kann meine eigenen Erinnerungen reproduzieren.

    Somit verwebe ich den Verlust in meine ohnehin sorgsam gewählten Erinnerungen. Damit trotze ich gewissermassen der gefühlten Vergänglichkeit. Jedoch real existiert die Vergänglichkeit weiterhin. Sie ist nicht aufzuhalten.


  • Warum ich?

    Ich würde gerne in einem zusammengesetzten Zustand Geschichten meines Umfeldes erzählen. Natürlich würde ich sie überspitzen, teils verdrehen oder wenden, dass meine Beteiligung sich glücklich füge. Gewiss würde ich belehren und nett zusammenfassen oder ganz einfach die Welt erklären – und versichern, alles sei gut oder werde futuristisch gut.

    Das würde ich mir wünschen. Und das verspricht auch irgendwie diese Plattform. Es ist zwar nicht immer heiter-flockig hier. Manchmal behandle ich die Ohnmacht, manchmal die Todessehnsucht, manchmal bloss die Selbstzerstörung. Doch meistens sind die Botschaften hier aufbauend-optimistisch. Sie enden mit der Möglichkeit einer Zukunft. 

    Ich verbleibe diesmal kryptisch. Ich überlasse der Leserschaft, wie sie meinen Zustand lesen können – glücklicherweise keine Hundertschaft. Tröstlich ist Gilbertos Sprechgesang. Ich werde ein Stück verlinken, das Sehnsucht ausdrückt. Ich könnte diese Schwere nicht leichter vermitteln. Ich kann Schweres nur schwer. 

    Dennoch will ich einen minimalen Optimismus nicht unterlassen. Die zentrale Frage: Warum ich? Weil ich kann. Ich will mich nicht unbedingt überhöhen. Aber. Tatsächlich kann ich klassische Schicksalsschläge weitaus besser überleben als andere. Nicht unbedingt verarbeiten oder daraus Lehren ziehen – aber immerhin überleben. 

    Das alleine kann trösten. Wohl darum ich, weil ich kann. Weil ich bereits gerüstet war. Nicht weil ich es verdient habe. Nicht einmal ich hätte sowas verdient.


  • Er ist wieder da

    Der amerikanische Volkstribun darf auf eine erneute Präsidentschaft hoffen. Der verbliebene Rivale kapitulierte vermutlich altersbedingt. Dank Gottes Fügung überlebte der Volkstribun auch das jüngste Attentat. Nun ist er endlich legitimiert, Amerika nochmals wieder gross zu machen. Amerika, die unbestrittene Führungsmacht einer alten und erschöpften westlichen Zivilisation.

    Trump war eine «Revolution von unten». Er mobilisiert, was man gerne ignoriert. Er ist der grosse Verführer der weissen Arbeiterschaft. Er ist ein Kämpfer mit ausreichend street smartness. Er ist das Aufbäumen einer müden und ermatteten Zivilisation, die sich wehrt. Und zudem ist er ein politischer Überlebenskünstler. Er ist wieder da. Stärker, grösser, besser.

    Und vor allem entschlossener.

    Ich unterstütze Trump nicht. Wir haben Trump «verdient». Der Westen ist selbstverschuldet nicht mehr länger politisch-militärisch-wirtschaftlicher Weltmittelpunkt. Die Gesellschaft erodiert, kein minimaler Kollektivismus bindet. Die Wirtschaft ist entfremdet. Keine Ideen begeistern. Manchmal fiebert man mit neuesten Technologien – gestern noch Nakamotos Blockchain.

    Auch die politischen Gegner haben sich ziemlich verirrt. Das superwachsame Bewusstsein gegenüber allen möglichen Einstellungen, Behinderungen und Befindlichkeiten hat eine ohnehin nervöse Gesellschaft vollends hypersensibilisiert. Mittlerweile hat sich die Bewegung extremisiert, jagt Feinde des wachsamen Bewusstseins. Die Revolution hat ihre Kinder verschlungen. 

    Ebenso war der Klimawandel wohl der falsche Thema der politischen Gegner. Dass der Mensch das Klima beeinflusst, ist unbestritten. Selbst die Römer rodeten Wälder für die Wirtschaft und töteten seltene Tiere zum Vergnügen. Die innere wie äussere Natur zu beherrschen, ist natürlich, wenngleich nur stets bemüht. 

    Der Klimawandel ist abstrakt, kein gutes «Feindbild». Der Klimawandel ist überdies komplex und kann nicht bloss aufs Benzinautofahren oder Billigjetfliegen vereinfacht werden. Auch die Energiewirtschaft war zeitlang ideologisch besetzt, bloss Windräder, Sonnenkraft und Erdwärme galten als toleriert. 

    Diese Irrungen bezahlen wir nun mit Trump. Trump ist die notwendige Konsequenz seiner politischen Gegner, die vermutlich auf eine falsche Agenda fokussierte – und dabei die schweigende Mehrheit verlor, die sich nun wehrt. Sie wehrt sich übrigens überall in der westlichen Zivilisation. 

    Einen politisch-militärisch-wirtschaftlichen Weltmittelpunkt ist man nicht, indem man Bäumchen pflanzt, chinesische Windrädchen aufstellt und genderfluide Identitäten propagiert. Die Gegner der Demokratien spürten das. Immerhin wächst in der Ukraine eine Art Heroismus, der vor der Zeitenwende hierzulande undenkbar gewesen wäre. Sicherheit ist wieder wichtig.

    Trump ist nur eine Mahnung. Er erinnert an die gescheiterte Politik seiner Gegner. Trump ist nicht die Lösung für die kommenden Jahre der Entscheidung. Er ist bloss die Gegenbewegung der Vergangenheit und ein wenig noch von der Gegenwart. Die westliche Zivilisation ist noch nicht verloren. Sie hat ihre Bewährungsprobe noch vor ihr. China wartet.