In Olten konzentriert sich keine Szene gepflegter und wilder Singles. Wir bedauern die Ledigen. Die begehrenswerten Singles sind allesamt ausgewandert. Eine üppige R. feiert als letzte das Singleleben. Sie wohnt im nahen H., ein arrivierter Vorort Oltens, leider bereits im Bezirk Gäu. Eine wilde A. ertränkt sich in Alkohol. Und eine C. verzweifelt. Das sind die einzigen mir bekannten weiblichen Singles meines Alters.
Das erklärt die Enge Oltens, wenn man alle Singles beim Namen auflisten kann. Hier kann man ausschliessen, dem Partner des Lebens in einem Terminus zufällig zu begegnen. Etliche haben ihre grossen Beziehungen beendet, sie konkurrieren wieder aufm Sexmarkt. Solche Singles aktualisieren nicht ihren Facebook Beziehungsstatus. Weil sie sich schnellstmöglich wieder verlieben und binden wollen und auch können.
Im Galicia verelenden die älteren Frauen. Sie vereinsamen dort gemeinsam. Sie flirten mit den jüngeren Herren, die gelegentlich dorthin sich verirren. Sie haben die Familienplanung abgeschlossen. Man hat bereits deren Töchtern flachgelegt, mindestens mal besoffen geknutscht. Und darf nun die von Alkohol zersetzte Mutter kennenlernen. Das sind keine Singles im klassischen Sinne; sie wollen sich nicht mehr paaren.
Im Vario versteckt sich die Generation Golf. Sie hauert auf der Sitzbank, schlürft Weisswein. Die weiblichen Singles beklagen ihren unfreiwilligen Beziehungsstatus. Sie haben in eine ernsthafte Beziehung investiert. Doch vergebens. Die Beziehung scheiterte. Man hat sich entfremdet, auseinandergelebt. Man hat sich über die Familienplanung nicht geeinigt. Man hatte sich mit überhöhten Anforderungen überfordert.
Im Coq d’or schliesslich vergnügt sich die junge Generation. Sie meistert die Reifeprüfung, sie studiert das erste Mal in einer fernen Grossstadt, sie verdient das erste Geld. Sie finden sich im Leben. Sie wollen leben, sind hungrig. Doch sie zaudern ebenso. Denn sie leben sowohl in Olten wie auch in einer fernen Grossstadt. Sie bewegen sich auf unterschiedlichen Märkten. Olten ist der sichere Heimathafen, wo sie zurückkehren können.
In Olten aber verliebt man sich nicht. In Olten lernt man sich nicht kennen. In Olten kann man sich zurückziehen. In Olten verliebt sich bloss, wer im Terminus tanzt. Doch das dortige Angebot verjüngt sich aus meiner Perspektive jährlich. Es sind die sehnige KV-Angestellte, dumpfe Detailhandelsassistentinnen, die dort sich betrinken. Sie knutschen bereitwillig. Die Sehnsucht motiviert sie; Torschlusspanik, Mann mit Job ist das Ideal.
Als Single in Olten überlebt man nicht lange. Sowohl als männlicher wie auch als weiblicher. Man muss irgendwo eine ferne Grossstadt aufsuchen. Wo die Berufsjugendlichen leben. Wo man mit Gleichaltrigen einen Montag bewusstlos schlagen kann. Ab dreissig hat man endlich das Geld, den Style, den Erfolg und die Erfahrung, mit dem anderen Geschlecht sich richtig verständigen zu können. Man ist endlich abgestumpft und abgeklärt genug.
Man kann das NEON konsultieren, mit Freunden am Katerfrühstück in selbstgebastelten Bars die gestrigen Bekanntschaften rezensieren. Man kann sonntags Tatort auf Twitter streamen. Man kann mittwochs das Bergfest anstossen. Man kann donnerstags die lokale Club-Kultur würdigen. Man kann freitags mit Freundinnen beim Asiaten speisen. Man kann samstags im Kaffee den Barista anseufzen.
Also flüchte, wer sich verlieben und binden möchte. Man kann mit 35 wieder heimkehren, heim ins Reich. Man kann sich am Waldrand Oltens niederlassen, ein Haus ersteigern oder erbauen. Man kann dann im Salmen wie in der Schlosserei den Abend geniessen. Man kann im Stadttheater kleinstädtische Kunst erfahren. Man kann die gemeinsamen Kinder im Robi-Spielplatz versorgen. Man kann irgendwie als Paar fristen.
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