Kommunikation ist Liebe, Aufmerksamkeit und Anerkennung. Mit Kommunikation können wir einander wahrnehmen. Wale identifizieren sich kommunizierend. So können sie ihre Sippe lokalisieren. Auch wir Menschen sind bloss kommunizierend menschlich. Allerdings beobachte ich seit längeren die fehlende Kommunikation.
Paarbeziehungen verelenden, weil man nicht kommuniziert. Mit Kommunikation meine ich nicht unbedeutende Berichte über den Tagesablauf, was oder was nicht geschah. Kommunikation ist nicht, den Tag zu rapportieren. Diese Art der Kommunikation ist nämlich routiniert und erschöpft sich rasch.
Kommunikation ist Wahrnehmung. Kommunikation ist das Verstehenwollen und das aktive Zuhören auch. Kommunikation beschränkt sich nicht auf die Auflistung irgendwelchen Tatsachen. Kommunikation bedeutet, einzudringen, zu teilhaben und gleichzeitig zu teilnehmen.
Mag Adorno behaupten, dass eine Mangel der Liebe Auschwitz erst ermöglichte, möchte ich korrigieren, dass ein Mangel an Kommunikation Auschwitz vorbereitete. Wo Menschen nicht miteinander kommunizieren, erkalten und verstumpfen sie. Der reine Tagesrapport verkümmert die Kommunikationsfähigkeiten der Menschen.
In Paarbeziehungen beobachte ich das gerne. Kommunikation muss auch heissen, Schwäche zu demonstrieren, die eigenen Gefühle zu entblössen, Verletzlichkeit nicht weiter zu verdecken. Das ist eine sehr intime Form der Kommunikation, vermutlich intimer als jede funktionale Sexualität, die blosse Lust befriedigt und Gefühle wegdrückt.
Ich kann gut nicht kommunizieren und daher mein Unbehagen verdeutlichen. Ich kann problemlos schweigen und ignorieren. Ich kann alle Themen, die mich im Innersten betreffen, wegschieben. Ich kann mich stets auf einen Statusbericht reduzieren; berichten, was geschah und was noch geschehen werde.
Allerdings möchte ich es anders. Ich möchte mich öffnen. Ich möchte einfach bloss kommunizieren, mich offenbaren und mich mitteilen. Ich möchte gleichzeitig anerkennt, zugehört und einigermassen verstanden werden. Weil ohne Kommunikation vereinsame ich automatisch. In Paarbeziehungen war hierbei relativ erfolglos. Ist mir selten gelungen.
Es sei denn, es entstand auch nie eine Paarbeziehung im klassischen Sinne. Vermutlich, weil ich mich stets gefürchtet habe, menschlich und damit verletzlich mich zu zeigen. Ich bin nicht traumatisiert oder verletzt worden, weil ich das tat. Ich habe mich einfach darin bequemt, unnahbar und verschlossen zu bleiben.
Selbst meine Beziehung zu meiner Tochter ist kommunikativ limitiert. Wir können technisch uns nicht mitteilen. Auch die reine Bedürfniskommunikation ist erschwert. Wir versuchen stets zu interpretieren. Das ist aber keine Kommunikation, wie sie mir erwünsche. Lediglich in meinem privaten Umfeld, bei den sogenannten Futuristen, kann ich kommunizieren.
Oder natürlich im Tagebuch, das allerdings auch öfters einem Tagesrapport ähnelt. Hier versuche ich auszudrücken, was mich beschäftigt. Was ich publiziere, ist ungefähr bloss 5% davon. Den Rest verwahre ich. Den Rest archiviere und verschlagworte ich. Und niemand wird es jemals erfahren. Irgendwie auch traurig.
Ich bin überzeugt, dass viele Menschen bloss deswegen vereinsamen, Amokläufe tätigen, in Arbeit oder Prostitution flüchten, weil sie nicht kommunizieren. Kommunikation ist eine besondere Eigenschaft; wir haben als Menschheit eine komplexe Kommunikation entwickelt, aber sind zuweilen verkümmert, sie zu praktizieren.
Unsere alltägliche Kommunikation ist beschränkt. Wir entfalten überhaupt nicht das Potenzial – so auch ich nicht. Auch Kunst ist übrigens eine Form der Kommunikation; leider bloss eine einseitige, weil asynchrone. Die höchste Form der Kommunikation ist synchron. Aber dazu muss man die Frequenzen angleichen.
Solange verstumme ich, schweige ich. Ich harre.
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