Olten setzt bekanntlich keine Trends. Wir ignorieren sie. Wir versauern in Oltens Wirtshäuser, gründen Parteien, pflegen urbane Gärten und feiern exzessiv; wir zertrümmern Lebensläufe, verlieren Gspändli und pendeln der Arbeit wegen. Seit einigen Monaten tummle ich mich in Basel. Ein sozialer Rückblick.
Tatsächlich kann man Basler auch in Quartiere vierteln. Ultimativ ist, wer in Kleinbasel wohnt. Natürlich ist Kleinbasel ungleich Kleinbasel. Ich bewege mich derzeit unweit der Kaserne. Das ist ziemlich flott und frech. Hier dürfen die Berliner Basels in ihren würdigen Altbauwohnungen hausen und irgendwo sich verdingen.
Die Lokale beeindrucken; hier bedienen einen Mädchen mit undefinierbaren Frisuren, mit ungewohnt geschnittenen schwarzen Shirts, mit lässig ausgetretenen Turnschuhen, mit unauffälligem Modeschmuck, mit flachen Brüsten, mit überrunden Brillen. Sie grüssen einen freundlich, unaufgeregt und gewissermassen abwesend.
In den oft frequentierten Cafés parkieren junge und alleinerziehende Mütter vermutlich im Internet erstandene Vintage Kinderwägen. Sie kleiden sich bewusst modisch; Mode aus Boutiquen, wo Frauen jenseits der Dreissiger sich noch verwirklichen dürfen. Sie treffen ihre Kolleginnen, wollen zwanghaft über alles ausser Kinder reden.
Nebenan motzen kultivierte Deutsche über die Rückständigkeit der Schweiz. Sie prahlen, dass ein Getränk bereits vor zwei Jahren in München kultig war; nun gewiss verspätet endlich auch die Schweiz erreiche, doch der Schweizer Bauer interessiere sich nicht. Ich kenne das Getränk auch nicht, vermutlich habe ich etwas verpasst.
Gegenüber starren aufgehübschte Studentinnen in aufwendig formatierte Zusammenfassungen. Sie müssen sich vermutlich vorbereiten; sie werden bald geprüft. Sie verplempern Papas Lohn und dürfen die Leichtigkeit des Seins beweisen. Ihre Brillen sind handgefertigt. Sie studiere etwas mit Menschen; etwas Soziales, etwas Sinnvolles.
Dahinter prahlen die jungen Berufseinsteiger über ihre materiellen Errungenschaften. Die brav frisierten Herren vergleichen Natels, Uhren, Einkommen und ihren aufregenden Job; leider nicht ihre Frauen. Das hätte mich mehr interessiert. Denn ihre alltägliche Arbeit ist aus meiner Perspektive nutzlos wie perspektivlos. Sie werden meinetwegen bald arbeitslos.
Freilich kann ich mich nicht abheben. Ich bin auch gewählt gekleidet, meine Brille ist ebenfalls handgefertigt. Auch ich studiere nebenbei etwas mit Menschen. Ich sitze hier, trinke mein Bier. Ich gehöre dazu. Ich flüchte in meinen Laptop, sollte meinen Backlog fegen, stattdessen beobachte ich Menschen.
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