In der Sicherheitspolitik werden die einzelnen Bedrohungen gerne kategorisiert. Man unterscheidet zwischen inneren wie äusseren Bedrohungen. Sie werden weiter spezialisiert. Ich selbst empfinde aber bloss eine einzige Bedrohung. Eine grosse Bedrohung: Es ist die Bedrohung der Demokratie.
Freilich ist die Demokratie im Innern wie im Äussern bedroht. Sie trägt unterschiedliche Larven. Manchmal entpuppt sie sich als Rechtspopulismus, manchmal als Gewaltherrschaft einer Einzelperson. Die Bedrohung ist auch beständig, sie wandelt lediglich in Gestalt und Intensität. Sie erfordert unterschiedliche Abwehrmassnahmen.
Der islamistische Terrorismus der wilden 00er-Jahren war für mich niemals eine Bedrohung. Es war ein notwendiges Übel, das wir einfach aushalten respektive ignorieren mussten. Wir bezahlten manchmal Menschenleben. Aber unsere Demokratien waren niemals ernsthaft bedroht. Im Gegenteil, die Antiterrormassnahmen waren wesentlich gefährlicher.
Mittlerweile sind die Gegner der Demokratien nicht mehr zu übersehen. Im Äussern wie im Innern. Die meisten Sicherheitsorganisationen müssen umrüsten. Der Islamismus, der Krieg gegen den Terror hat sich automatisch erübrigt. Auch der einst so prominente Krieg gegen Drogen ist vergessen.
Die ewigen Feinde der Demokratien sind sehr fluid, agil und daher schwierig aufzudecken. Manchmal tarnt man sich als Freund, als Retter der Demokratie. Manchmal will man bloss Familien schützen oder christliche Werte verteidigen. Manchmal will man auch nur Ordnung in einer vermeintlich unruhigen Welt schaffen.
Demokratien werden in den Sonntagsmedien gerne als lebendig betitelt. Ich teile das. Demokratien sind per Definition lebendig, aber dadurch auch verletzlich. Keine Demokratie ist gesetzt. Der Lack der Zivilisation ist bekanntlich dünn – zweidrei Zwischenergebnisse, und wir fallen wieder der Barbarei anheim.
Ich unterstütze hiermit alle Sicherheitsorganisationen, ob bewaffnete oder nicht, welche entschieden echte Gegner der Demokratien bekämpfen. Allerdings sind Sicherheitsorganisationen bloss soweit alimentiert, wie Demokratien das selber zulassen oder zutrauen. Die letzte Verteidigungslinie bleibt der Souverän.
Der Souverän hat aber ganz andere Alltagssorgen als eventuellen Gegnern der Demokratien zu begegnen. Die Gegenwarts- ja Alltagsbewältigung alleine ist bereits herausfordernd. Hier sehe ich den modernen Familienvater, der erzieherische Fürsorge wahrnehmen möchte, drum zwischen Kind, Kita und Karriere balanciert – ohne gross um Demokratien sich sorgen zu können.
Ich sehe alle überforderten Familien, die zwischen unterschiedlichen Interessen ausgleichen müssen, stets übermüdet und erschöpft sind, die sich teure Ferien leisten können, aber dennoch sich nicht erholen werden. Demgegenüber bangt eine anwachsende Unterschicht, wie sie Nahrungsmittel und Zahnarztrechnungen bezahlen soll.
Die Mehrheit der Bevölkerung der Demokratien ist nicht empfänglich für die wahren Bedrohungen derselben. Manche wählen sogar ihren eigenen Schlächter. Und ich kann es ihnen nicht verübeln. Sie können nicht anders. Sie aufzuklären, wäre gleichsam weltfremd. Man würde sie nicht in ihren Alltagssorgen respektieren.
Was mir bleibt, ist die Hoffnung, dass die Gegner der Demokratien sich nicht vereinigen, die inneren wie die äusseren sich nicht verschwören.
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