Mein Plan B

Ich wäre so gerne ein gescheiterter, depressiver, verdorbener Schriftsteller. Oja. Ich würde so gerne unfassbare Dystopien publizieren. Und darin alle Abgründe verewigen, in die ich stets beinahe gestolpert bin. Ich bin ein kleiner Voyeur, Spanner des Lebens. Ich schnüffle hier und da an der menschlichen Kaputtheit, um meine eigene zu verbergen. 

Ich verstecke mich momentan mehr schlecht als recht in der Privatwirtschaft. Irgendwann werde ich den Widerspruch aber nicht mehr aushalten können. Dann muss ich mich verabschieden. Meine schwerstbehinderte Tochter behindert mich derzeit. Ihr Schicksal verlangt, dass ich nicht mich verausgabe oder vollständig aufgebe.

Ich kann daher auch kein Leben mehr in Armut führen. Ich habe fixe Kosten, die ich irgendwie decken muss. Ich kann nicht bloss an mich selber denken, sondern verantworte auch das Schicksal eines kleinen Mädchens, das dauernd nach Aufmerksamkeit, Liebe und Geborgenheit sich sehnt – was ich ihr mittlerweile gut und gerne geben kann. 

Dennoch fasziniert mich die Idee des depressiven Schriftstellers. Ohne Frau, ohne Kind, ohne Kontakte, der vereinsamt und verausgabt ist. Der irgendwo an der Peripherie der Zivilisation in ärmlichen Verhältnissen haust, fristet aufs Lebensende, weil eigentlich bereits erloschen und gestorben ist. Eine sehr erbauliche Aussicht auf ein optionales Leben.

Ich könnte mich von aller Welt abschotten, verstecken, ich könnte mich einfach maximal entfremden und entfernen. Ich könnte mich in meinen Text verkriechen. Ich müsste mit keinen profanen Angelegenheiten mich mehr auseinandersetzen; keine Erwerbsarbeit, keine Beziehungsarbeit, keine Arbeit weit und breit. Bloss Lust und Text. 

Ein einfaches Schicksal für einen einfach Menschen, der keine Eigenschaften mehr haben möchte, weil lebensmüde. Ich konnte mich seit jeher für diese Idee begeistern. Zuweilen kokettiere ich im Privaten damit. Ich konnte den Plan auch bereits umsetzen in meiner Vergangenheit. Das tröstet mich, weil ich nichts verpasst habe.

Vermutlich werde ich irgendwann dennoch wieder zum depressiven Schriftsteller. Aber vermutlich noch nicht heute. Ich bin noch zu jung. Ich halte mich hier lediglich «fit» auf dieser Plattform. Damit ich später mich meinen Nordstern nähern kann. Freuen wir uns.


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