Eine gescheiterte Beziehung

A. ist ambitioniert, A. hat sich endlich befreit. Er hat sich der Beziehung losgesagt. Fortan will er bloss noch Un-Beziehungen kultivieren. Und zwar mit einer angemessenen Frau, vorzugsweise eine unabhängige, bewegende und stimulierende Frau. Eine typisch weltgewandte Frau. Mehrsprachig, herumgereist, sexuell faszinierend.

A. lernt zufälligerweise I. kennen. I. ist eine solche Frau. Sie hat lange dunkle Haare, das sich wellt. Morgens klopft I. die Haare zu einer improvisierten Frisur, die A. verzaubert. I. ist pragmatisch. Sie schminkt das Gesicht dezent. Die Kleidung ist ausgewählt, aber reduziert. Sie ist keinem gegenwärtigen Chic zuordbar. Dennoch ist I. zeitgeistig.

A. und I. eröffnen eine sogenannte Affäre. Zunächst unverfänglich. Sie begegnen sich erstmals in einem Vollrausch. Das zweite Mal nüchtern. Sie haben mehrheitlich Sex. Sie witzeln, scherzen. Sie kümmern sich nicht um tiefe Gespräche. Stattdessen zelebrieren sie ihre körperliche Leidenschaft, was harmoniert. Gewiss ist A. längst befangen.

A. ist aufgrund seiner bisherigen Erfahrungen traumatisiert. Er lechzt nach seiner angemessenen Frau. In I. sieht er sie verkörpert. Er begreift, dass er wahrliche Zufallsbekanntschaft entdeckt hat. I. kann sich nicht dagegen wehren, wie A. sie allmählich einverleibt. Abseits der Sexualität lodern die ersten Diskussionen.

Anfänglich zögert A., er will I. mit unnützen Wissen beeindrucken. I. pariert. Das verstärkt wiederum A. Besessenheit. A. überhöht I. immer mehr. Er lässt seine Gefühle irgendwann als Liebe ausdrücken. Niemals zweifelt A., ob I. Liebe oder bloss Sehnsucht repräsentiert. Schliesslich konfrontiert A. damit I.

I. ganz erstaunt. I. hat keinen Sinn für Liebe. I. hat andere Herausforderungen zu bewältigen. I. muss ihre letzte Beziehung aufarbeiten. I. muss ihre Genesung forcieren. I. muss eine Aufgabe und einen Sinn im Leben identifizieren. I. kann und will keine übersteigerte Liebe erwidern. I. will und kann nicht.

Doch I. kann das A. nicht mitteilen. Sie schiebt Gründe vor, A. nicht mehr zu treffen. Nach kurzer Zeit erlischt die Sexualität, wo alles seinen Anfang fand. A. und I. sind sich nicht mehr zärtlich. A. unterdessen – ganz verkopft – fühlt sich bestraft. Er empfindet das als Liebesentzug. Er leidet, präsentiert sein Leiden ganz fordernd-narzisstisch I.

I. wiederum zieht sich zurück, immer mehr. Sie ignoriert. A. aber sehnt sich nach einem Liebesbeweis. Er muss sich beruhigen. Denn mittlerweile vermischt er Gefühle wie Eifersucht, Sehnsucht, Enttäuschung. Er kann nicht mehr differenzieren. Er tobt. Doch damit will er I. nicht belästigen. Sein innerer Konflikt bleibt verborgen.

Irgendwann schaltet A. um. Er schreibt I. ab. Keine I. mehr. Er stoppt seine Sehnsucht. Er unterbindet damit die Eifersucht und Enttäuschung. Er verabschiedet I. kurz, bedankt sich und verreist. Alkohol und unbedeutende Bekanntschaften trösten A. Doch A. versäumt die Reflektion. Warum ist er «gescheitert»?


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