Ich verweigere kein Glück. Ich definiere mich nicht durch Glück. Glück ist relativ, flüchtig und vor allem eine Verführung. Glück kann nicht überdauern. Alle Versuche, das Glück zu konservieren, verunglücken. Wonach ich mich sehne, ist ein Zustand der Entspannung, der Ruhe und der Geborgenheit gleichzeitig.
Diesen Zustand kann man gut und gerne in Paarbeziehungen vermuten. Dort kann man entspannen, ausruhen und geborgen sich wähnen. Das sind klassische Paarbeziehungen, wie milliardenfach während der Menschheit sich durchsetzen konnten. Aber ich konnte diesen Zustand nie länger als sechs Monate verwirklichen.
Meine Paarbeziehungen sind allesamt gescheitert. Sie endeten immer tragisch, weil ich sie nicht würdevoll und gesittet abschliessen konnte. Ich bin deswegen vernarbt und werde deswegen wohl auch immer wieder verletzen. Ich fühle mich schuldig und müsste eigentlich alle Bekanntschaften warnen, dass man mit mir nicht zusammenleben kann.
Sicherlich könnte ich mich beherrschen, wäre eventuell besser in Beziehungen als gedacht, ich könnte mich sicherlich reformieren. Doch letztlich bin ich leider unverbesserlich. Ich müsste eine durch und durch alternative Erfahrung erleben, die alles bisherige widerlegt. So hoffe ich mit jeder neuen Beziehung, dass jetzt alles sich ändere. Vergebens.
Ich habe nun viermal versucht, Paarbeziehung alternativer zu gestalten. Ich wollte bisherige Muster brechen. Doch viermal ist es mir misslungen. Lügen und betrügen konnte ich stattdessen immer besser. Ich wurde nicht geschickter, ich wurde bloss kaltblütiger. Anfänglich bereute ich noch, mittlerweile habe ich mich arrangiert.
Nunmehr kann ich mein Verhalten sogar rationalisieren. Damit spare ich mir die quälerische und selbstzerstörische Reflexion. Ich verknüpfe das Verhalten mit meiner Haltung, dass Liebe und Glück vergänglich sind. Dass man Glück in Paarbeziehungen nicht erzwingen kann. Sondern dass man sich bedienen muss, wo immer man kann.
Damit rechtfertige ich mein Verhalten. Dass ich dadurch Mitmenschen schädige, verschweige ich. Ich kann in solchen Situationen keine Empathie empfinden. Ich bin in solchen Situationen aufgrund des grossen Scheiterns ziemlich abgestumpft. Ich kann völlig erkalten. Und insgeheim bewundere ich mich noch dafür. Schrecklich.
Ich habe bereits mit dem Gedanken experimentiert, dass ich niemals in festen Paarbeziehungen konstant glücklich werden kann. So kann ich schlussfolgern, dass ich mich nicht in Beziehungen flüchten darf. Aber ich zweifle, ob ich der Versuchung widerstehen kann, mich einfach hinzugeben – sodann alles sich wiederholt.
Mir ist also bewusst, dass ich nicht beziehungsfähig bin, dennoch stürze ich mich in Beziehungen, weil ich so sehr nach diesem Zustand der Entspannung, der Ruhe und der Geborgenheit lechze. Ich kann allerhöchstens mein Verhalten transparent kommunizieren. Vermutlich erschrecke ich die meisten – oder man vergisst es einfach im Augenblick.
Ich möchte nicht nach Monaten glücklicher Paarbeziehung plötzlich erwachen, etwas verändern müssen, weil ich mich unglücklich, unverstanden fühle. Ich möchte dann nicht mies und hinterfotzig mich verhalten müssen, Menschen damit demütigen, die im Grunde mir sehr wichtig sind.
Ich leiste Widerstand – gegen mich selber, gegen das Glück, gegen das Konzept der Paarbeziehungen. In der Zwischenzeit versuche ich zu funktionieren, will möglichst nicht darüber nachdenken, programmiere meinen Roboter, reite mein virtuelles Pferd. Und arbeite natürlich. Ich will mich nicht auseinandersetzen.
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