In Zürich konzentriert sich die schweizerische Wirtschaft sowie Kultur. Eine mittelgrosse Stadt, nett am Ufer eines in die Voralpen reichenden Sees, entwässert durch einen entspannten Fluss. Drei Hügel umrahmen die beschauliche Stadt. Der Bahnhof zählt zu den meistfrequentierten der Welt. Die Menschen zu den wohlhabendsten.
Seit einigen Monaten lebe ich Basel. Olten musste ich verlassen. Ich fühle mich verpflanzt, fremd. Das fühle ich mich auch stets, wenn ich beruflich Zürich besuche. Die Einfahrt in die Stadt fasziniert mich hingegen. Ich beobachte gerne die Europaallee wachsend. Jedesmal entdecke ich weitere Bürokomplexe oder wuchtige Apartmentbehausungen. Schön.
Die Männer sind sehr einheitlich gekleidet. Im Sommer die Weisshemder sommerlich mit Mokassins, die übrigen jahrezeitenlos mit Espadrilles. Die Fülle beeindruckt mich stets. Die Haare entweder seitlich oder rückwärts gekämmt, im Default akkurat geliert. Bei der Sonnenbrille bin ich verunsichert, jedenfalls konsequent mit Sonnenbrille.
Ob Banking, Finance oder Startups, gerne Fintech, Insurtech oder Consulting – sie sind alle Associate und wollen sich beschleunigen. Ich kenne keine, doch alle mit ihrem Titel. Auf LinkedIn followen und liken sie angelsächsische Beiträge, deren Inhalt sie kaum verstehen. Abends posieren sie vorm Coco mit überteuerten Grilladen.
Zürichs Speckgürtel dafür döst. Zürich kannibalisiert jegliche Autonomiebekundungen des Umlandes. Alles will, alles tendiert nach Zürich. Selbst Aarau ist nunmehr Zürich West, seit der der Baregg keine natürliche Autobahnbarriere mehr symbolisiert. Die Tuchlaube verdämmert, das KBA von den Jüngeren längst vergessen.
Die halbe Schweiz strebt nach Zürich. In Zürichs Gassen verwildern die schweizerische Dialekte; sie alle nivellieren zur Zürcher Einheitssprache. Die entschlossenen Ausländer wiederum verjüngen die Stadt; produzieren Nachwuchs, den sie im fern-nahen Institut Montana platzieren. Derweil die Einheimischen sich als etwas Besonderes einbilden.
In Zürich verbreitet sich der Hipster ähnlich rasant wie den übrigen westlichen Weltstädten, ob Berlin, Paris, Wien oder sonstwo. Sie dominieren mittlerweile die lokalen Kulturen, beeinflussen mit ihrem Kaufverhalten ganze Industrien. Ich bin in dieser Hinsicht mitschwimmend, weil ich deren Güter, sozialen Errungenschaften konsumieren.
Ich bin ziemlich verkrampft im Umgang mit Zürich. Fühle ich mich minderwertig? Fühle ich einen zu strengen Wettbewerb in Zürichs Gassen? Fühle mich zu wenig selbstsicher, um in Zürichs Lokalen auftreten zu können? Kaum, bislang war ich in Zürich erfolgreich. Ich möchte einfach nicht me too sein; also auch in Zürich sein, bloss weil alle dort sind.
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