Trumps Siegesrede

Der Mann der Tat, der einfache Mann vom einfachen Manne gewann. Bald krönt er sich selber zum neuen Cäsar. Bald postuliert er sein 100-Tage-Programm. Hoffentlich verweicheln ihn die bürokratisch-politischen Strukturen Washingtons nicht. Sonst muss er seine Wählerschaft betrügen. Willkommen Trump.

Ich begrüsse Trump ausm sicheren Hafen der Schweiz. Die nervösen Investoren überbewerten bald den Franken. Unsere Exportindustrie klönt, die Einkaufstouristen freut’s. Wir haben einen Logenplatz reserviert. Wir können das Spektakel aus sicherer Distanz bespannern. Wir müssen uns nicht fürchten.

Manche Politiker hierzulande mögen jubeln. Die Weltwoche muss donnerstags eine grosse Hymne an Trump liefern, um ihre Glaubwürdigkeit zu wahren. Die NZZ muss die wirtschaftlichen Chancen auskundschaften. Der Tagesanzeiger darf einen Stadt-Land-Graben öffnen und das Scheitern der dortigen wie hiesigen Linken diskutieren.

Die Reaktionen sind absehbar und determiniert. Vorerst ändert sich aber nichts. Ob Trump wirklich eine Nato auflösen oder auflockern kann, bezweifle ich. Hinter jeder politischen Entscheidung verbergen sich Interessensgruppen, Einflüsterer und Berater. Sie sind Ehda-Kosten; sie bevölkern ohnehin die Kapitale und sind das Establishment.

Ob Trump sich durchsetzen mag, wird sich zeigen. Die Institutionen können ihn zähmen. Darauf spekulierten damals auch eine Schweiz mit Blocher oder ein greiser Generalfeldmarschall von Hindenburg mit Hitler. Gewissen Parallelen kann man folgen, andere abtun. Wir sollten zunächst den Effekt abwarten.

Ganz gewiss werden sich Satiriker allerorten freuen dürfen. Sie erhalten vier Jahre lang eine ideale Witzvorlage. Gratis und hochverfügbar. So wie früher der besonnene Berlusconi oder zuvor der begabte Bush. Man kann wieder lachen. Der Hipster Obama konnte sich ja bloss ironisieren und Hillary ist nicht zum Lachen.

Was sind Trumps nächste Schritte? Hier können wir bangen. Kann er Hillary wirklich verhaften und einsperren? Kann er die freie Rede kastrieren? Kann er Freihandelsabkommen sistieren? Kann er einen Triumphbogen errichten? Ich glaube nicht. Trump wird symbolisch regieren müssen. Er muss Kompromisse bilden.

Das sind immer noch die USA und kein Russland, kein China, kein Syrien. Trump kann nicht als König thronen und alle Macht und Entscheidung in sich vereinen. Seine Partei verachtet ihn, seine Wähler können sich kaum selber ernähren. Er hat keine Lobby, er hat keine Prominenz. Er hat nichts, bloss sich selber. Er ist ein soziales Experiment.

Wieweit das Experiment glückt, werden die nächsten vier Jahren weisen. Ich bin gelassen. Ich möchte heute noch keine Probleme ausdiskutieren, die jetzt noch nicht akut sind. Wir müssen aber wachsam bleiben. Wir dürfen ihn nicht unterschätzen, aber auch nicht überschätzen. Trump kann nämlich sehr rasch vereinsamen, so wie bereits im Wahlkampf.


2 Antworten zu «Trumps Siegesrede»

  1. […] Politik triumphiert. Ein Cäsar im spenglersche Sinne siegt über das wirtschaftliche Kalkül. Denn die Politik hat […]

  2. […] amerikanische Volkstribun darf auf eine erneute Präsidentschaft hoffen. Der verbliebene Rivale kapitulierte vermutlich altersbedingt. Dank Gottes Fügung […]

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