Ich kenne eine Webseite namens wie-gehts-dir.ch. Darin werden praktische Gesprächstipps für Betroffene und Angehörige psychischer Erkrankungen vermittelt. Kürzlich hatte mich jemand ehrlich gefragt, wie es mir geht. Ich habe bloss «müde» geantwortet. Ich möchte heute ausholen.
Ich konnte nicht mehr antworten. Ich fühle mich derzeit wirklich ermüdet. Vermutlich sind’s die langen und schlaflosen Nächte. Das viele Reisen. Diese allgemeine Arbeitsunlust. Meine Abneigung gegenüber gewissen Arbeitgebern. Vermutlich bin ich bloss ferienreif. Vermutlich die unerfüllte Liebe. Ich bin schlicht und einfach müde.
Manchmal mag ich wirklich nicht mehr. Manchmal habe ich das Gefühl, alles überfordere mich. Alles breche zusammen. Aber diese Momente sind kurz, dafür intensiv. Ich bin Futurist. Ich glaube an den Fortschritt, an die Bewegung, an die Beschleunigung. Ich glaube an die Veränderung und Entschlossenheit.
Doch wie geht’s mir derzeit? Ich kann es nicht beantworten. Ich fühle mich sehr betrübt. Ich fühle mich abgehängt. Ich fühle mich entfremdet. Ich gehöre nicht hierher. Ich bin verpflanzt worden. Ich bin entwurzelt; nirgends daheim, nirgends geborgen. Nirgends aufgehoben. Mein Leben ist irgendwie intensiv; es kitzelt. Aber mir fehlt Liebe.
Ich bin verzweifelt, aber ich erhole mich. Ich blicke nicht gerne zurück. Mein Blick fokussiert das Kommende, das Versprechen. Meine Sehnsucht befeuert mich. Ich dampfe, ich funktioniere, ich überlebe. Aber ich fühle mich müde. Ich möchte manchmal bremsen. Manchmal innehalten. Manchmal einfach nur mal «Stopp» sagen.
Gibt’s im richtigen Leben keine Signalwörter wie im BDSM? Kann man nicht einfach mal abhauen und sich verabschieden? Eventuell kehrt man ja wieder zurück. Eventuell ja nie mehr. Kann man nicht einfach mal sich zurückziehen? Verschnaufen? Als Futurist bekanntlich nicht; hier ist die Hast Programm und Unruhe Programmatik.
Ich verabschiede mich nun für eine gewisse Zeit. Ich bin dann mal weg. Ich werde nächste Woche wieder in Olten einreisen. Ich bin froh, Olten für einen Moment hinter mir lassen zu können. Auch ein gewisser R. sehnt sich wieder nach der regulären Front. Und nicht diesen Irrsinn hier, diese Trostlosigkeit.
So geht’s mir.
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