Kein Hobby

Ich kann mich nicht entscheiden, wie ich mich weiterhin ausfüllen soll. Welche Hobbys soll ich anstreben? Bald erwarten mich väterliche Pflichten. Bald muss ich mich um mein Studium kümmern. Und irgendwann meinen Master abschliessen. Irgendwie. Und meine Firma verlangt Aufmerksamkeit. Ich kann also kaum Hobbys intensivieren.

Stattdessen vertrödle ich meine Zeit lustvoll. Ich möchte nicht mich beüben. Ich geniesse, wenn ich meine Zeit vergeuden kann. Ich liebe die Verschwendung, ich liebe die Verausgabung. Und das feiere ich privat, wo ich nur kann, wo ich es mir leisten kann, wo ich niemanden verletze oder verärgere.

Denn ich kann selber gebieten, wie ich meine rare, vergängliche, meine bald schwindende Freizeit investiere. Ich muss mich nicht einmal rechtfertigen. Ich habe mich entschieden. Ich kann in Parks weilen, die Mütter beobachten, ich kann in Olten ausgehen, meinen dortigen Status zelebrieren, ich kann meine Drohne ausreiten.

Ich bin privilegiert derzeit. Ich habe bloss die anfänglich genannten Pflichten. Ich muss glücklicherweise nicht um mein Überleben bangen. Ich bin relativ entspannt. Ich muss mich auch nirgends behaupten, ich muss niemanden mit exklusiven Hobbys beeindrucken. Ich muss meinen Selbstwert nicht mit Extremsportarten steigern.

Das beruhigt ungemein. Ich spare damit Geld und Zeit, die ich gerne anderweitig verschwende. Nämlich in maximaler Unproduktivität; in Abhängen, in Abkacken, in Alkohol, in Blödeln, in Palaver, in Sinnlosigkeit. Weil ich kann und möchte, weil ich damit mich regeneriere. Damit ich morgen wieder ernsthaft sein kann.

Damit ich morgen wieder den Widerspruch leben kann. Als Grenzgänger, als Zwischenwesen wandeln, sodass ich mich spüre, sodass ich mich vergewissere, dass ich lebe, auch wenn ich mich damit verletze und damit erneut Kredit verspiele. Doch tue ich es nicht, sterbe ich. Dann schlafwandle ich bloss noch.