Das Familiendrama

Die Familie kaufte sich ein Häuschen in einem Vorort Oltens. Es war gewiss nicht das grösste und schönste. Nebenan thronten eingesessene Familien, die über Jahrhunderten Beachtliches häuften. Das störte sie nicht sonderlich. Der Vater war bei einem nationalen Stromversorger angestellt. Die Mutter umsorgte liebevoll zwei Buben.

Auch gewiss waren die Kinder nicht die schönsten und klügsten. Sie waren beide jedoch sportlich, in einer bekannten Jungmannschaft engagiert. Der ältere Bruder absolvierte eine kaufmännische Grundausbildung, der jüngere Bruder weilte noch in der Schule. Sie beide waren bleich. Sie waren keine Übermenschen, sondern normal und anständig.

Die Tage wiederholten sich. Der Vater quälte sich durch seine 40h-Woche. Die Mutter erzog und pflegte das Familienglück. Der älteste Sohn kiffte, trank manchmal Alkohol. Der jüngste fiel nicht weiter auf. Niemand konnte ahnen, was demnächst Olten schockierte. Eine ganz normale Familie. Eigentlich glücklich und ohne Grund. Ohne ersichtlichen Grund.

Denn eines Tages kehrte der Vater erneut heim. Er platzierte seine Jacke an der Garderobe, zog seine Schuhe aus, stieg in seine Adiletten. Er grüsste Frau und das jüngste Kind. Er verabschiedete sich in den Keller. Er wollte noch einige Reparaturen erledigen. Er entsicherte seinen Werkzeugschrank. Er hielt inne.

Er griff nach seinem Sturmgewehr 90. Er munitionierte auf. Die Frau benachrichtigte ihn, er könne essen; Broccoli-Teigwaren-Auflauf, eine leichte Abendmahlzeit. «Einen Moment Schatz», erwiderte er hörbar und deutlich. Er maskierte sich. Er möchte nicht wiedererkannt werden. Er möchte sich distanzieren.

Er marschierte die Kellertreppe hoch. Entschlossen hob er den rechten Fuss zuerst, zog den linken nach. Jeder Schritt vollstreckte er bewusst und intensiv. Er spürte sich das erste Mal seit Jahren. Er war aufgeregt, nervös, aber zutiefst entschlossen und ergriffen. Schliesslich lockerte die Kellertüre. «Ich bin gleich da!», informierte er unschuldigst seine Familie.

Sein Sohn guckte fern. Sein Sohn drehte sich um. Sah den maskierten Vater, bewaffnet mit einem Sturmgewehr. Der Vater erschoss ihn sofort. Der Sohn konnte sich nicht wehren. Die Mutter erschrak. «Was ist los?? Was war das?? Um Gottes Willen??», stürmte sie ins Wohnzimmer. Der Vater wandte sich, er blickte sie eine halbe Sekunde an. Und feuerte halbautomatisch.

Er hat seinen Sohn und seine Frau ermordet. Er wollte sich wieder einmal männlich und entschlossen fühlen. Er wollte seine Grenzen erfahren. Und nun hat er sie überquert. Er kann aber niemals wieder zurückkehren oder irgendwas normalisieren. Das Leben ist nun sinnlos. Er verkürzte nun auch sein Leben und sackte zusammen.

Diese Geschichte basiert auf wahren Tatsachen. Die Geschichte ist aber in meinem Sinne dramatisiert worden. Ich empfinde weiterhin grösstes Beileid für die Opfer.


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