Früher quälte einen, ob man zu schnell, zu früh käme. Ob man die Ejakulation hinauszögern könne. Später sorgte einen, ob man überhaupt noch erigiert, ob nicht nach fünf Minuten Verkehr alles wieder zusammenbricht. Früher freute man sich über jeden Haarwuchs, später spriessen die Haare widerlich aus den Ohren und an den Zehen.
Wie rasch man altert. Wie rasch der Körper zerfällt. Wie rasch man ermüdet. Das überrascht mich stets wieder. Auch ich altere, mehr oder weniger würdevoll. Ich beobachte die Jugend an den Bahnhöfen der Schweiz, in den belebten Bars Oltens und anderer Städte. Die Jugend ist immer frisch, unverbraucht und voller Leben.
Ich aber muss mich mit schweren Themen beschäftigen. Beruflicher Erfolg und Anerkennungen knechten mich. Familienplanung und Beziehung fordern mich. Ich kann nicht mehr bedenkenlos feiern. Ich kann nicht alles im Alkohol auflösen. Ich kann nicht mehr Nächte vertanzen. Ich muss spiessiger werden.
Ich bedauere das nicht. Ich kann mir stets ein wenig Jugend erkämpfen. Ich kann mir Freiräume schaffen. Ich kann diesen Raum mit meinen Liebsten besetzen. Dort kann ich auch jenseits der Vierziger noch meine Jugend simulieren. Dort kann ausbrechen, tanzen und feiern; alles geregelt und eingedämmt.
Ich bin nicht alleine, der zaudert und zögert. Meine Generation besitzt Ableger in den grossen Städten, die lebenslänglich das Modell der Berufsjugendlichen kultivieren. Dort kann man das vagabundierende, studentische, unbeschwerte und unkomplizierte Leben verwirklichen. Sex ohne Beziehungen, Gin mit Tonic, die Zukunft verherrlichend.
Ich werde vermutlich Olten verlassen. In einer fernen grossen Stadt das Leben umgestalten. Ich werde einerseits anständig und seriös und gesittet leben, aber gleichzeitig meinen Freiraum mit meinen Liebsten planen. Dort werden wir toben, dort werden wir uns angemessen vergnügen, um wieder heimzukehren.
Schreiben Sie einen Kommentar