Zweckloser Widerstand im Tatort

Kürzlich habe ich eine Tatort Folge begleitet. Ich bevorzuge eigentlich den schweizerischen Bestatter. Dieser wirkt im schweizerischen Mittelland, konkret in meiner Heimat. Dennoch hat mich die Tatort Folge überrascht. Sie thematisierte den zwecklosen Widerstand gegen die aktuelle Gesellschaft. Ein technisch erfolgreicher Bursche quittiert alles.

Er rebellierte mit einer Tat, die niemand erklären konnte. Er drohte mit der Vergiftung seiner weitaus erfolgreicheren Eltern; einen Politiker und eine Juristin. Zuvor hat er sie betäubt und entführt. Er hat sie in einem verlassenen Industriekomplex zwischengelagert. Von dort streamt er im Internetz seine Erläuterungen und Erklärungsversuche.

Ich möchte bloss das Motiv des zwecklosen Widerstands aufgreifen. Die restliche Handlung der Serie möchte ich nicht nachbauen; im Internetz tummeln sich genügend Rezensenten. Die Folge hat einmal mehr bewiesen, dass Widerstand zwecklos ist. Dass man sich nicht wehren kann. Man muss sich fügen und anpassen. Man kann keine Alternative entwerfen.

Man muss arbeiten. Man kann zwar innerhalb der privilegierten Arbeit gewisse Freiräume simulieren, einen gewissen Willen ausspielen. Doch im Grundsatz sind unsere Lebensentwürfe vorherbestimmt, festlegt. Man kann nicht ausbrechen. Man darf die Missstände anprangern, sich empören und beklagen, doch verändern kann man nichts.

Entweder profitiert man, integriert sich. Oder man verliert. Dazwischen ist nichts. Dazwischen ist bloss das Leiden. Man quält sich. Als Verlierer kann man sich immerhin vertröstet, dass man sich bewusst verabschiedet und ausgegrenzt hat. Dass man darin seine bescheidene Freiheit zulässt. Das ist legitim. Ich verurteile das nicht.

Kluge Eltern wollen das Kind vorbereiten. Sie wollen es rüsten für den Verteilungsdschungel grosser Konzerne. Für die Intrigen und Machtkämpfe grosser Organisationen. Für das Politische und für die bescheidene Liebe. Sie meinen es durchaus “gut”. Sie wollen bloss das beste, fördern und fordern das süss-verspielte Kleinkind.

Sie entzaubern die Kindheit, damit das Erwachsenenleben nicht zu sehr enttäuscht und verletzt. Schliesslich mussten sie selber die Kosten der Anpassung ertragen, sie mussten selber die Schmerzen des Systems erdulden. Sie haben selber Träume geopfert, Ziele verschoben und Ideale preisgegeben. Das darf sich nicht wiederholen.

Ich hatte mich vor einigen Jahren komplett zurückgezogen. Ich wollte mich von dieser Welt verabschieden und ich wollte trotzen. Doch vergebens. Gewisse Makel dieser Vergangenheit bezahle ich noch heute; mit Unverständnis meiner Mitmenschen. Doch ansonsten bin ich so gut als möglich im System beteiligt und vor allem verpflichtet.