Der Corana-Wahnsinn

Der aktuelle Virus befriedigt nicht bloss den latenten Selbstzerstörungstrieb der Menschen, der wegen Spannungen in der Anpassung mit der Kultur sich bildet. Der aktuelle Virus bedroht auch den ohnehin fragilen Lebenssinn der Menschen. Der aktuelle Virus schafft Transparenz, wo wir keine wahrhaben können.

Vor dem Virus waren die zwischenmenschlichen Beziehungen bereits angeschlagen, die Lohnabhängigkeit bereits mühsam, die Sinnlosigkeit der eigenen Existenz bereits durchschimmernd. Die massenhafte Verbannung der Menschen in ihre eigenen vier Wänden vernichtet jedweden Eskapismus. Die Kulturindustrie, sonst treuer Lieferant, ist kollabiert. 

Die Berufsjugendlichen können nun nicht mehr feiern und koksen, die ausweglosen zwischenmenschlichen Beziehungen sich nicht mehr auflockern. Die vermeintlich frei machende Arbeit zerstreut nicht mehr. Stattdessen sind nun alle im Homeoffice und rätseln, was sie überhaupt tun angesichts beispielsweise der gleichzeitig desolaten Zuständen in den Kliniken.

Manche Familien werden zerbrechen. Kinder, Frau, Mann – allesamt beisammen, gezwungenermassen, weil ansonsten brav abgetrennt, fragmentiert und jeder in seiner Welt geschützt. Nun muss man sich verständigen, ausdrücken herrje. Unweigerlich ist man den sogenannten Psycho Dad aus einer Schrecklichen Netten Familie erinnert. Man lese:

Who’s that riding in the sun?

Who’s the man with the itchy gun?

Well, who’s the man who kills for fun?

Psycho Dad, Psycho Dad, Psycho Dad!

A little touched or so we’re told.

Killed his wife ’cause she had a cold.

Might as well, she was gettin’ old.

Psy-cho Dad, Psycho Dad, Psycho Dad!

He’s quick with a gun, and his job ain’t done.

Killed his wife by twenty-one

Shot her ’cause she weighed a ton

Psy-cho Dad, Psycho Dad, Psycho Dad!

Who’s the tall, dark stranger there.

The one with the gun and the icy stare.

Holding the scalp of his ex-wife’s hair.

Psy-cho Dad, Psycho Dad, Psycho Dad

Häusliche Gewalt wird in den nächsten Wochen zunehmen. Das auslösende Ereignis, der sogenannte “Trigger” ist dabei unerheblich. Ist es die persönliche Sinnlosigkeit? Ist es die fehlende Realitätsflucht, die derzeit technisch kaum noch praktiziert werden kann? Ist es es der Mangel an gesunder sozialer Distanz? Ist es auch bloss die Hyperrealität des kollektiven Virus-Wahns? Was auch immer einen kleinen Amoklauf auslösen mag, ist irrelevant – viel wichtiger ist, dass es passieren wird. 

Doch nicht alle Verzweiflung muss in einem mörderischen oder sozialen Amoklauf vollendet werden. Der Amoklauf ist bloss eine Variante, die Überforderung mit der Welt primitiv, aber effektiv zu verdeutlichen. Die wahrscheinlichste Form des Ausdrucks ist die Selbsteinweisung. Die psychiatrischen Kliniken, ohnehin bereits herausgefordert, werden in den nächsten Wochen gestürmt. Wir sind alle eingesperrt, wir dürfen uns kaum noch bewegen, wir sind klassisch auf uns selber zurückgeworfen worden. Und dort ist ja bekanntlich nicht viel bis nichts. 

Das ist untröstlich. Denn die Isolation führt zur Selbstreflexion, wozu wir aber nicht fähig sind, weil wir alle Evidenzen der Sinnlosigkeit unseres absurden Daseins bislang erfolgreich verdrängen konnten – beispielsweise mithilfe der Kulturindustrie oder ablenkender Lohnabhängigkeit im Grossraumbüro, wo ebenso absurde Sorgen unsere eigenen Bedenken überdeckten. Und jetzt wird es daher endlich kritisch.

Noch berichten die Medien nicht über die kollektive Psychose, die uns bereits infiziert hat. Das einzige wirklich ansteckende dieses Virus ist der Wahn desselben. Und diese Pandemie überbordert bereits jetzt. Sie ist weitaus gefährlicher, weil sie existenziell und philosophisch ist. Sie kann nicht mit Atemmasken, Desinfektionsmittel oder sonstigem Gerät gelindert werden. Unsere normalen Hausmittelchen versagen. Wir sind ohnmächtig und hilflos.

Es genügt nicht, dass der unsichtbare Virus unsere Gesundheit ernsthaft angreift. Das wäre irgendwie zu bewältigen. Der Virus ruiniert vielmehr unsere simulierte Selbstsicherheit, unsere gespielte Identität, unseren sinnlosen Sinn und zerstört unsere bereits zerbrechlichen Gemeinschaften. Das ist weitaus dramatischer. Ob die Menschen nach zwei Wochen Inhaftierung in ihren eigenen vier Wänden sich weiterhin anpassen und unterordnen werden, ist fraglich.

In den nächsten Wochen werden Tumulte uns überraschen und empören. Denn die Ersten werden Widerstand leisten. Weil wir sind nicht so geübt in Autokratie. Wir sind eine verdorbene Gesellschaft von Hedonisten. Wir wollen bloss vergessen, feiern und manchmal so tun als ob uns die Umwelt wie Umfeld interessiere. Momentan sind die Städte noch gesittet. Doch wie lange?

Denn bald folgt die existenzielle und philosophische Krise, verursacht durch die soziale Isolation. Und sobald der Mensch sich sinnlos empfindet, ist er zu allem fähig. Die Shoa wäre ohne das lebensphilosophische Vakuum der Zwischenkriegszeit undenkbar gewesen. Und die Plünderungen und Ausschweifungen in der Grossstadt infolge des Viruses ebenfalls nicht ohne die Isolation und anerkannte Sinnlosigkeit der eigenen Existenz.

Ich will nichts beschönigen. Momentan sitzen die Privilegierten in ihren Homeoffices, skypen sich Mut und Zuversicht zu, tüfteln nach Methoden, wie man Remote Sessions optimieren könnte. Die Stimmung ist geradezu beschwingt. Man prostet remote, man klatscht und singt vom Balkon. Niedlich und herzlichst.

Doch bald werden die Ersten zusammenbrechen. Denn sobald das psychologischen Rabattmarkenheftchen gefüllt ist – und man normalerweise im Supermarkt die nächste überflüssige und qualitativ minderwertige Pfanne abholen könnte – dann werden die Menschen “durchdrehen”, und zwar schön individualisiert und jeder in seiner Passion. Familien erschiessen? Möglich. Züge sprengen? Möglich. Supermärkte plündern? Möglich. Parks verwüsten? Möglich. Alles ist möglich, weil wir ja so einzigartig sind.

Daher rate ich meiner geschätzten Leserschaft, das Spektakel weiterhin zu geniessen. Die nächsten Wochen werden dramatischer. Achtet nicht bloss auf die Opfer der Virus-Erkrankung. Sondern späht nach den Nebenerscheinungen. Die Auslastung der psychiatrischen Kliniken indiziert die allgemeine psychische Verfassung einer Gesellschaft. Und jene unserer Gesellschaft wird bald abnehmen. Versprochen!