Die SVP siegt, der Graben zwischen Stadt und Land vertieft sich. Die ersten Städtler wollen ihre unabhängigen Republiken ausrufen. Die zersiedelte Agglomeration des Mittellands repräsentiert den neuen Feind. Das sind Pendler, Einfamilienhausbesitzer; das ist der verklemmte und bedrohte Mittelstand.
Diese Menschen dominieren die politische Landschaft. Sie verwerfen Innovationen. Sie blockieren Weiterentwicklungen. Sie schliessen die Grenzen. Sie fürchten die grossen Städte; sie scheuen Langstrasse und Kleinbasel. Sie wettern gegen Expats, gegen internationalisierte Konzerne. Sie meiden Sushi-Bars.
Die SVP besetzt im Kanton Aargau bereits 50% der Exekutive; die Legislative ist gleichsam unterwandert. Die Asylanten des Kantons werden in Aarburg einquartiert; eine neue Baracke nahe bei Olten. Dort stören sie nicht. Derzeit muss der Kanton Aargau 2’000 Asylanten versorgen. Die Bevölkerung sträubt sich; der Bund verordnet.
Diese Asylanten verursachen Kosten. Sie verdrecken das Stadtbild. Wenigstens nur Aarburg, das ohnehin Olten angerechnet ist. Eine vergessene und verlorene Kleinststadt, vom feinen Sitz der Kantonsregierung in Aarau heraus betrachtet. Bereits längst verfault und mit dem dreckigen Olten verwachsen.
Die UNO prognostiziert eine erneute Völkerwanderung. Der kleine Bürgerkrieg in Nigeria hat sich intensiviert. Die zweite Religiosität erfasst vor allem Drittweltstaaten und die Unterschichten der westlichen Zivilisation; die zweite Religiosität beseelt, begeistert den Menschen. Sie tröstet und rationalisiert, erklärt und vereinfacht.
In Nigeria radikalisieren sich die Islamisten im Norden sowie die Christen im Süden. Beide Parteien streiten übers Rechtssystem sowie über die Ausbeutung der reichlich vorhandenen natürlichen Rohstoffen. Gegenseitige Lynchmorde, Mobs und Massenvergewaltigungen befeuern den Konflikt. Frauen und Kinder werden instrumentalisiert.
Der fragile Mittelstand flieht. Damit entzweit sich das Land noch mehr. Der säkulare Mittelstand konnte noch versöhnen, ausgleichen. Er mittete das Land, fokussierte die gemeinsamen wirtschaftlichen Interessen. Doch dieser verblutet, ist ausgedünnt, weil geschändet und ermordet.
Ebendieser Mittelstand überquert die Sahara, das Mittelmeer und beantragt Asyl. Technisch gut ausgebildet, mindestens zweisprachig, die renommiertesten kapitalistischen Hochschulen absolviert. Sie bestürmen unsere Grenzen. Sie schmälern unsere Gewinne, fressen unsere importierten Früchte und begatten unsere Frauen.
Auch die Schweiz hat sich seit 2016 radikalisiert. Doch nicht der religiöse Konflikt; diese verstärkte zweite Religiosität, die ungemein versöhnt und Sinn stiftet. Wir haben die Religionen zurückgedrängt. Die Christen und Moslems fristen in bedeutungslosen Parallelgesellschaften; die Sekten und Freikirchen bedienen ebenso Minderheiten.
Der wirtschaftliche Verdrängungskampf beschäftigt, besorgt den Mittelstand. Die grossen Städte florieren, sind der Welt zugewandt, begrüssen Einwanderung und Vielfalt. Das Mittelland idealisiert die heile, geschlossene Schweiz und den anständigen, weil erlernbaren Beruf. In Zürich bewältigen bereits 82% aller Jugendlichen die Matura.
In Zeihen und Langnau entscheiden deren sich bloss 8%; sie begnügen sich mit der Berufslehre. Sie schreinern, zimmern, terrassieren und hämmern, sie verkaufen und dienstleisten. Sie arbeiten. Die gleichaltrigen Arbeitnehmer beraten, studieren, fantasieren, operieren, sie innovieren und erzählen. Sie bilden den Wasserkopf der Gesellschaft.
Sie schieben skandinavische Holztische aufm behandelten Fischgrätparkett. Sie verpflegen sich gesund und bewusst; sie lästern über die MK-Tragetasche der provinziellen Damen. In Zeihen und Langnau pflegt man einen Garten; man besitzt zuweilen Eigentum oder erbt mindestens. Man mäht und hegt.
Dieser Gegenstand verschlimmerte sich seit den Neunziger. Damals verabschiedeten sich der klassische Mittelstand aus der Stadt. Eine neue Schicht übernahm die nunmehr freistehenden Altbauwohnungen der grossen Städte. Sie engagierten sich fortan gegen die ländliche Kernenergie und frönten den Bio-Kult.
Doch die Ereignisse der Welt, der Religionskonflikt der Dritten Welt, der Peripherie der westlichen Zivilisation, dringen auch in die Schweiz. Freilich verspätet und nicht unmittelbar. Die Flüchtlinge Aarburgs, Oltens, Grenchens, Schlierens, Spreitenbachs und Biels, die wohl hässlichsten Städte der Schweiz, gefährden die Agglomeration.
Denn der Mittelstand ist nicht kompetitiv. Seine Tätigkeiten können ausgelagert, rationalisiert werden. Seine Ideologien sind überkommen. Die Gesellschaft teilt sich in innovativ und altbacken, in reich und arm, in offen und verschlossen. In Weltstadt und Provinz, in Intellekt und Handwerk. In Ausland und Schweiz, in Iran-Ferien und Heimaturlaub.
Der soziale Frieden war seit dem letzten Generalstreik gesichert. Jüngere wie ältere Sozialwerke nivellierten die Gesellschaft. Der Exportboom seit 1945 bescherte Massenwohlstand. Die Kulturindustrie zerstreute jegliche Bedenken über die Sinnlosigkeit, Fragwürdigkeit der eigenen Existenz. Sie sedierte.
Doch die weltpolitischen Entwicklungen der letzten Jahren habe die Situation dramatisiert. Der schweizerische Mittelstand verliert Anschluss. Die Angebote der Kulturindustrie haben sich zwar verbessert; neue Serien, Fortsetzungsromane und -filme ewiger Klassiker. Doch die Ungleichheit hat sich vergrössert.
Und nun die ausgebildeten, motivierten Flüchtlinge Afrikas. Säkular, gutaussehend, gepflegt. Wohlhabend. Sie wollen arbeiten. Sie wollen sich integrieren. Sie sind hungrig. Sie wollen sich vermehren. Gleichzeitig aber die gleichgültigen Städter, die sich in ihrer Blase verkrochen haben. Blase der hippen Bars, der Weltoffenheit und sexuellen Liberalität.
Die grosse Volksabstimmung im Frühling richtet darüber, ob die längst eingemotteten Truppen die grüne Grenze des Tessins beschützen sollten. Der Mittelstand skandiert aufm Bundesplatz in Bern. Die dortigen Städter haben sich in der Reithalle versammelt. Der Mittelstand ist mit Kind und Kegel angereist, die Städter mit syrischem Anhang.
Die Städter wollen die Kundgebung des Mittelstands blockieren. Sie marschieren der Speichergasse entlang. Bei der Turnhalle stoppen sie kurz, verpflegen sich mit Grüntee und importierten Orangen. Die Kantonspolizei hat den Waisenhausplatz verbarrikadiert. Auf Facebook tobt bereits die Meinungsschlacht; beide wähnen sich im Recht.
Die Kantonspolizei sympathisiert mitm Mittelstand. Die Polizisten stammen Worb, Jegenstorf, Schüpfen und Lützelflüh. Sie haben alle eine seriöse Erstausbildung abgelegt. Man kann ihnen nichts verübeln. Sie verkörpern das Volk. Sie heissen Beat, Martin und Sandro. Sie sind verheiratet; ihre Frauen protestieren aufm Bundesplatz.
Die Städter sind entwurzelt; sie leugnen ihre Herkunft, ihre Familien. Sie sind nicht verheiratet. Sie verzögern ihre Bürgerlichkeit. Sie feiern das weltoffene und libertäre Leben. Sie entwerfen andere Lebensmodelle; es sind ewige Berufsjugendliche, grossgeworden in Bars und in überfüllten Aulas der staatlichen Universitäten; ohne Ausbildung.
Der Konflikt schwelte seit Jahren. Die letzten Volksabstimmungen haben den Graben aufgezeigt. Von Politologen lange verneint, ist er nun offenkundig. Eine Ahnung eines nahenden Bürgerkrieges schnellt über Bern. Schwirrend. Die Städter üben den Gleichschritt. Die Polizei formiert sich. Sie sind gerüstet, ausgebildet.
Der erste Stein ist geworfen. Die Polizei antwortet. Eine vermummte Einheit überrascht die Polizei via Zeughausgasse. Die städtische Jugend ist begeistert. Endlich das ersehnte Spektakel. Endlich Aufregung. Die ersten Bilder sind auf Instagram publiziert. Der Hashtag #RiotCH erklimmt Twitters Trendspalte. Watson und Blick installieren Tickers.
Die gesamte Schweiz wartet. Welche Partei verletzt zuerst? Wer tötet? Der Mittelstand verschanzt sich hinter der Polizei. Eine weitere vermummte Einheit stürmt via Bundesgasse durch. Eine Lücke der Blockade. Der Mittelstand verteidigt sich ehrbar. Doch er war nicht vorbereitet; Familien und Kinder. Die Frauen der Polizisten.
Das erste Kind wird totgetreten. Von Vermummten. Die Szene ist dokumentiert und sofort publiziert worden. Die Schweiz hat endlich einen richtigen Aufschrei. Das erste Todesopfer einer sozialen Unruhe. Ein historisches Ereignis. Die Polizisten sind erzürnt. Sie schonen nun nichts mehr; sie sind entfesselt.
Sie wüten und schiessen. Mit scharfer Munition. Das erste Mal seit über hundert Jahren. Das erste Todesopfer war die dreijährige Tochter eines Polizisten aus Lauperswil; ein stämmiger Bursche, Freizeitschwinger und Hobbyschütze, im Vereinsleben eingebunden, politisch aktiv und überhaupt frisch.
Doch der sinnlose Tod seiner Tochter überfordert ihn. Der Kommandant kann seine Einheit nicht mehr zügeln. Er genehmigt den Schiessbefehl. Bald zählen die sozialen Medien weitere Todesopfer. Der Mittelstand benachrichtigt seine Basis. Die vielfach gelagerten Gewehre werden endlich ausgepackt. Der wehrfähige Bürger macht endlich wieder Sinn.
Die erste Nachschublinie gelangt nach Bern. Die Männer und Frauen und Kinder des Mittelstands werden bewaffnet. Die Städter hingegen haben weder gedient noch jemals den Umgang mit harten Waffen erlernt. Sie können bloss Steine schmeissen und über den Pazifismus philosophieren.
Der Bundesrat harrt. Die UNESCO-Altstadt Berns verwandelt sich in einen urbanen Kriegsraum. Der Mittelstand jagt Städter, Jugendliche und Vermummte. Entschlossen und im Rausche. Wie viele Städter bereits krepierten, kann momentan nicht bewertet werden. Vermutlich verstarben zweihundert. Die Städter fliehen ins Lorraine-Quartier.
Die Polizei hat sich wieder gemässigt. Die Leichen werden sortiert. Der Bundesrat spricht zum Volk. Doch das ist alles vergebens. Die grosse und internationale Jugend Zürichs formiert sich bereits. Der Bundesrat erwägt eine Teilmobilmachung. Der Tag endet. In Zürich brennen die ersten Autos mit AG-, TG- und SG-Kennzeichen. In Basel jene mit JU und SO.
Der nächste Tag.