Monat: Juni 2016


  • Durchbrennen?

    Ich kann allen nachempfinden, die durchbrennen möchten. Wer einigermassen offen, achtsam und einigermassen empfindsam hier lebt, wird früher oder später sich hintersinnen, ob er weiterhin sich stets bemühen soll. Ich möchte mich manchmal nicht immer bloss bemühen. Ich möchte tun, was mir gefällt. Ich möchte durchbrennen, mein Sparkonto plündern, meine Säulen veräussern und verreisen.

    Italien-Meer

    Doch wird’s anderswo besser, schöner als hier? Wird man zufriedener und glücklicher? Was ist der benchmark? Wie kann vergleichen und vermessen? Das Wetter könnte in südlicher Lage gewiss genüsslicher sein. Die Unterhaltskosten gewiss günstiger. Die Menschen gewiss freundlicher und zuvorkommender und sogar hilfsbereiter. Gewiss könnte man den Nutzwert anderer Regionen analysieren und gewissenhaft bewerten. Aber leider werden weltliche Anforderungen übergewichtet und übergewichtig bleiben, die einen in der Schweiz zu verbleiben erinnern. Und das ärgert mich.

    Kompetitiver könnte es in westlichen Weltstädten sein. Alleine unser Kontinent zählt mindestens deren zehn. Die Umstände, der Kontext ist dort ein ähnlicher. Zwar funktionieren die dortige Staaten nicht so reibungslos wie der unsrige, aber die klassischen beruflichen Chancen sind vergleichbar intakt. Kompetitiver ist denn auch, was mich lockt. In Olten beispielsweise ist man rasch ausser Konkurrenz. In Zürich habe ich bereits bedeutend mehr Konkurrenz, die einen stimulieren-inspirieren kann. In Zürich können auch Lebensmodelle entworfen werden, die in Olten undenkbar sind. Das verspricht Mut und Zuversicht.

    Wohin soll’s denn gehen? Südlich, nördlich, westlich oder östlich? Ich bevorzuge entweder nördlich oder südlich. Vorläufig harre ich aber in Olten. Ich habe mir schon einige Male vorgestellt, wie es wäre, wenn ich auswandern würde. Damals bedeutete für mich Auswandern, nach Biel, La Chaux-De-Fonds, Genf oder nach Dübendorf zu emigrieren. Heute müsste es schon Berlin, Frankfurt oder Boston sein.


  • Meine erste Misserfolgsgeschichte – mein enttäuschter Lehrmeister

    Ich genoss eine spezielle Lehre. Der Umfang meiner Lehre war ziemlich einzigartig und ungewöhnlich. Ich hatte wirklich eine sichere Basis. Mein Lehrmeister vertraute mir. In dieser Geschichte erzähle ich, wieso ich meinen Lehrmeister enttäuschen musste.

    Novo-Inform-AG-Scope

    Ich hatte aussergewöhnlich viele Freiheiten in meiner Lehre. Das war sehr unüblich. Meine Schulkameraden konnte ich stets verblüffen. Weil sie in ihren Gemeindekanzleien, Anwaltskanzleien oder Bankfilialen sich veradministriert-verwaltet fühlten. Ich musste Umsätze generieren; ich durfte Produkte testen und damit grandios scheitern. Und ich wurde mit einem wöchentlichen Barbonus entschädigt, sofern meine Gesamtkosten inklusive Marge gedeckt waren. Das war in der Tat sehr berauschend.

    Der grosse Plan

    Mein Lehrmeister hat mich zu seinem Nachfolger erkoren. Ich hätte sein Büro und seinen Stamm in Othmarsingen betreuen sollen. Er hätte in Dietikon ein neues Büro eröffnet und den Zürcher Markt bearbeitet. Denn dort war das viele und liebe Geld; viel mehr als im Raum Lenzburg, in Niederlenz, Dottikon oder Wildegg. An einer Verkaufsveranstaltung eines international tätigen Anlagefonds erfuhren wir, dass im Raum Zürich “500 Mio CHF brachliegen”, die man verwalten könne.

    Der geplatzte Nachfolger

    Ich hätte mit 18 richtig Verantwortung übernehmen sollen. Ich hätte mit dem Auto meinen Kunden besuchen sollen. Ich hätte sie in allen Lebenslagen beraten sollen. Ich hätte mein Lebensstil aber mässigen sollen. Weniger kiffen, weniger trinken, weniger rauchen, weniger ausgehen. Dafür mehr lesen, lernen und mich stets weiterbilden. Das ist alles vernünftig und triffig. Aber ich wollte es nicht verstehen. Ich war damals 18 Jahre jung, das kann man mir verzeihen.

    Aber mein Lehrmeister wollte und konnte mir nicht verzeihen. Ich habe ihn enttäuscht. Ich habe sein Vertrauen missbraucht. Doch wie konnte das bloss geschehen? Ich kann mich nicht mehr erinnern, ich habe es wohl verdrängt. Kleine Ereignisse, kleine Enttäuschungen, die isoliert und alleine eigentlich nicht viel bewegt hätten, haben sich gehäuft. Das alles hat sich in einer grossen Enttäuschung verdichtet und bishin erhärtet. Als Abschluss bescheinigte er mir bloss, dass ich eine Lehre absolviert habe. Eine simple Arbeitsbestätigung, mehr nicht. Sie war knapp und trocken formuliert. Ich musste sie sogar selber schreiben, ausdrucken und von ihm signieren lassen.

    Der Abschied

    Der Abschied war kühl, distanziert. Er warnte mich, dass ich mit meiner Einstellung und Gabe, mir das Leben selber zu erschweren, niemals Erfolg haben werde. Ich werde niemals ein Teil dieser Gesellschaft werden können. Er hatte gewissermassen recht. Denn was danach folgte, war, dass ich mich radikal von dieser Welt abwendete und mich massivst zurückzog. Ich hatte mich verabschiedet.

    Aber in dieser Lehrzeit hatte ich sinnigerweise viel gelernt. Und dennoch konnte ich meinen Lehrmeister nicht zufriedenstellen. Ich bin gescheitert. Und ich konnte mich auch nie richtig bedanken. Denn er verstarb einige Jahre später und hinterliess Kinder und Frau. Ich hätte mich gerne ausgesöhnt und ich hätte ihm gerne gedankt, dass er mir die Augen und die Welt damals öffnete. Leider werde ich das nie tun können.


  • Meine erste Erfolgsgeschichte – meine eigene Zeitung

    Die Lektüre Kohlriesers Fördern und Fordern, die zeitgemässe Management-Bibel, hat mich angeregt, drei Erfolgs- sowie Misserfolgsgeschichten meines Lebens zu reflektieren. Ich möchte heute mit einer Erfolgsgeschichten beginnen.

    Ein Computer, ein Anfang

    Sehr jung erhielt ich einen Computer, einen ausgedienten Apple Macintosh SE. Ich war neugierig. Ich wollte damit etwas kreieren. Damals hatten wir noch kein Internetz. Dieser Apple wäre auch gewiss nicht internetzfähig gewesen. Ich ersehnte mir das Leben als Journalist, als rasender Reporter.

    Macintosh_SE

    Also wollte ich eine Zeitung erschaffen. Ich informierte mich über Zeitungen im Allgemeinen und übers Oltner Tagblatt im Speziellen. Ich hatte die kindliche Vision, eine eigene Zeitung herausgeben zu können. Der Apple unterstützte mich. Es war eine Applikation namens PageMaker vorinstalliert. Ich glaube, das nennt man eine Publishing-Software. Ich experimentierte.

    Das dreispaltige Layout

    Ich orientierte mich an den grossen Zeitungen, die mir damals bekannt waren. Das Oltner Tagblatt war damals noch sehr grau, dreispaltig und mit einer sehr kleinen Schriftart. Ich vermute, sie bereiteten damals gerade einen grossen Relaunch vor. Ich wollte das Layout des Oltner Tagblattes imitieren. Ich probte, tüftelte, bis ich zufrieden war. Aus heutiger Perspektive war das Layout natürlich unterentwickelt. Aber ich war damals in der 5. Klasse, also ungefähr 11 Jahre jung. Das darf man mir verzeihen.

    Going public

    Ich hatte eine Ausgabe publiziert. Ich erkundete meine Nachbarschaft, fotografierte analog und schrieb Geschichten. Ich schrieb über den Umbau des Hallenbads im Hinterbühlschulhaus, über die Aktivitäten meiner Jugendgruppe HGD. Ich beschwerte mich über die Verkehrssituation im Hombergerquartier. Und so weiter. Ich war eine richtige Quartierzeitung. Aber ich war alleine. Ich verkaufte die Zeitung von Tür zu Tür. Sie kostete fünfzig Rappen. Gedruckt habe ich sie selber.

    In der Schule war ich damals aufgefordert worden, einen Vortrag über ein freiwählbares Thema zu halten. Ich wählte natürlich Zeitung. Darin verglich die Zeitung der Oberstufe und meine Zeitung mit dem Oltner Tagblatt. Der Vortrag begeisterte meine Kameraden. Sie wollten mitwirken. Plötzlich wollten alle profilierten und klugen Kameraden mit mir eine Zeitung gestalten. Das war mein Erfolg.

    DBE-Homberger-Zeitung-Unterschiede

    Weitere Ausgaben und das Ende

    Ich war der unangefochtene Chefredakteur. Wir waren knapp sechs gleichartige Kinder. Ich war für die Auswahl der Beiträge und das Redigieren zuständig. Ich war der unbestrittene “Chef”. Sie arbeiteten mir alle zu. Wir hatten gewissermassen drive. Wir produzierten noch weitere Ausgaben, wir erhöhten den Preis und vertrieben die Zeitung im ganzen Dorf und nicht bloss in meinem Quartier. Allerdings endete der Erfolg bald, weil die Schulbehörde meine Organisation HGD als kriminelle Organisation erklärte. Ich musste alle meine Aktivitäten auf Geheiss eines Jugendanwaltes im Kontext HGD abbrechen.