Wieso bin ich hier? – Noch keine Antwort!

Wer ich bin – das vermag ich nicht zu beantworten. Ich überspringe diese Frage. Ich könnte stundenlang monologisieren, was ich bin und wieso ich das bin. Doch wer ich bin – das könnte ich nicht beantworten. Und das will ich auch nicht.

Stattdessen will ich heute herausfinden, wieso ich hier bin. Mit hier und jetzt meine ich nicht diesen Blog, nicht mein gegenwärtiges Heim oder auch nicht meine aktuelle berufliche Situation. Ich meine diese Frage so wie sie ist – nämlich philosophisch.

Wieso bin ich hier? Ich beschönige gerne, um das Bruttosozialprodukt zu steigern. Ich produziere und konsumiere gleichermassen. Ich bin mittendrin. Aber diese Antwort wird wohl niemanden befriedigen. Ich erdulde, dass man auch die Frage, wieso man hier sei, nicht widerspruchslos klären kann.

Religionen versprechen Antwort, wieso man hier sei. Hier sind die Religionen sehr stiftend und zuweilen erfinderisch. Unsere weltliche Gegenwart verheisst ebenfalls Rat. Man sei hier, um das persönliche Glück zu erfahren. Leider kann man Glück nicht einheitlich messen. Und so fällt jeder auf sich selber zurück, dies für sich selber zu klären.

Ich habe einige Konzepte beobachtet, die Glück verheissen. Erlangt man Glück, indem man Wohlstand mehrt? Erlangt man Glück, indem man Kollegen häuft? Erlangt man Glück, indem man Hobbys übt? Erlangt man Glück, indem man eine Familie gründet? – Das sind Konzepte, die Glück verheissen. Sie alle beglücken wohl einige, aber niemals alle und jeden.

Mich nicht. Die klassischen Konzepte passen nicht zu mir. Ich kann mich darin nicht einordnen. Nicht mal das Konzept der reinen Wohlstandsvermehrung kann ich bedingungslos umsetzen. Auch will ich nicht die Klassiker elektisch kombinieren. Das wäre nicht gerade schöpferisch.

Vielmehr bin ich besessen vom Zwang, etwas Besonderes zu leisten. Ich will mich nicht mit der Mittelmässigkeit begnügen. Ich verabschiede alles, was medioker sich tarnt. Und die Klassiker sind halt dem Wortsinn gemäss – klassisch. Ich motiviere mich mit dem Bewusstsein, etwas Besonderes zu senden. Vor Jahren war ich überzeugt, irgendwann ein epochenmachendes Werk publizieren zu können. Mittlerweile bin ich ernüchtert. Dennoch bedrängt mich der Zwang, etwas Besonderes zu leisten.

Dieser Konflikt erschwert schliesslich, das Rätsel, wieso ich denn hier sei, zu entschlüsseln. Ich blockiere mich selber mit dem Anspruch, etwas Ausserordentliches zu erbringen, gleichzeitig verdinge ich mich aber als unscheinbares Berater-Proletariat. Als solches produziere ich zwar, aber nicht das, was ich ersehne. Und derweil verunglücke ich immer mehr in meinem Konflikt.

Eine Losung wäre, meine Ansprüche an mich selber zu reduzieren und mich zu begnügen. Aber alles, was in mir fühlen und denken kann, widerstrebt dem. Ich will mich nicht fügen und einordnen, im Gleichschritt marschieren mit allen diesen Menschen. Ich würde meinen gesamten Lebenslauf belügen und somit meine Zukunft geschichtslos machen.

Wieso ich hier bin? – Das wird mich noch einige Jahren beschäftigen. Provisorisch begnüge ich mich damit, meine berufliche Karriere zu beschleunigen. Ich fokussiere mich auf diese flüchtige Ahnung eines Glücks.