Unsere Familien sind wir

Wir alle haben eine Familie geerbt. Wir alle hadern mit unseren Familien. Gewiss kann man eine Familie nicht aussuchen, so ein Sprichwort. Also müssen wir uns arrangieren. Doch ebendamit zaudern wir. Denn wir wollen bloss Beziehungen, die wir wirklich und wahrhaftig wollen.

Auch ich habe eine Familie. Ich fühle mich zwar entwurzelt, fremdgeworden und hineinverpflanzt, aber dennoch habe auch eine Familie. Wir können darüber klagen, dass wir keine oder keine richtige Familie hätten. Wir können uns bemitleiden, wir können nach einigen Barstunden darüber entsetzen und empören. Doch letztlich haben wir alle selber zu verantworten, wie und vorallem was und wer unsere Familie ist.

Denn wir gestalten unsere Beziehungen. Wir formen unsere Familie. Wir sind die Familie. Wir verkörpern sie. Wenn wir sie “leugnen”, abstreiten oder abstossen, weil wir nicht mögen, weil sie keinen Spass verheisst, dann verschulden wir selber, dass wir plötzlich wirklich keine oder keine richtige Familie haben. Denn eine Familie erfordert Anstrengung. Wir müssen stets uns bemühen.

Ich möchte nicht kurz vor meinem Tod resümieren müssen, dass ich keine Familie hatte. Weil dann ist’s zu spät, um Beziehungen zu festigen und zu stärken. Dann können wir uns bloss noch verbittern und einander beargwöhnen. Dann können wir bloss wirklich einsam siechen, bis wir letztlich sterben und ohne Erinnerung das eigentlich gute Leben beenden. Wir müssen also Widerstand leisten; Eitelkeiten zügeln.

Also, bemüht euch! Überwindet euch! Solidarisiert und verschwört euch! Vernetzen wäre das zeitgemässere Wort, gewiss. Investiert. Liebt, ohne dass eure Liebe jemals erwidert werden muss. Liebt selbstlos. Liebt einfach eure Familie. Egal was sie tut, egal was sie denkt. Versteht. Versteht deren Situation. Aber erzwingt kein Verständnis für eure. Wer wirklich selbstlos lieben kann, kann tiefe Zufriedenheit erfahren. Versteht.