Neuer Abschnitt

Ich beschrieb einst einen kleinen Kulturkampf zwischen jenen Angepassten, die ab dreissig den Schalter umlegen, ihr Leben normalisieren, ihre sozialen Beziehungen reduzieren und etwas von Familie und Liebe faseln. Und zwischen jenen Unangepassten, die das verneinen und stattdessen ihre Lebenszeit verschwenden.

Ich spüre diesen Konflikt ebenfalls. Es ist ja bekanntlich das grosse Motiv dieses Blogs. Leider muss man sich bewusst entscheiden. In dieser Lebensfrage kann bloss das Entweder-Oder klären. Man kann nicht tagsüber ein Familienleben simulieren und nachts vagabundieren. Das ist zumindest mittelfristig nicht vereinbar.

Ich selber werde mich niemals entscheiden. Ich werde gewiss nicht mich mässigen und disziplinieren, dass ich ein Heimchen liebe. Ich werde immer rasen und mich verausgaben. Dennoch bleibt die Sehnsucht nach einer anständigen Existenz latent. Denn mein Seiltanz kann bloss im Absturz enden.

Ich muss derzeit erneut, abermals die Konsequenzen meiner grobfahrlässigen Entscheidungen verantworten. Ich muss erneut, abermals eine neue Existenz, eine neue Identität bilden. Ich muss erneut, abermals ein neues Bett irgendwo im Internet bestellen, eine neue Klobürste erneut, abermals.

Ich habe schon so viele Wohnungen aufgebaut und ebensoviele wieder aufgegeben. Alleine das Geld, das dadurch sinnlos vergeudet wurde, könnte ich bedauern. Erneut, abermals muss ich nun wieder alles einrichten. Ich werde mich gewiss wieder arrangieren. Ich werde meine Identität stabilisieren.

Diesmal werde ich nicht erneut, abermals mit einer Frau zusammenziehen können. Diesmal hemmt mich mein kleines Mädchen, das ich formal im Pensum von 40% betreuen kann. Das kleine Mädchen begrenzt mich wohl zum ersten Mal in meinem unerschöpflichen und masslosen Futurismus. Und das ist gut so.

Ich kann damit das Doppelgängertum offizialisieren. Ich kann mich als Teilzeit-Papi gerieren, wenn gerade notwendig oder hilfreich im sozialen Umgang. Gleichzeitig kann ich verantwortungslos mich zerstören, hingeben und immer wieder verjüngen. Und das gefällt mir sehr gut. Ich kann Sowohl-als-auch praktizieren.

Die finanziellen Kosten für den Eintritt in den neuen Abschnitt werde ich bald meistern. Ich werde bald meine neue Wohnung schmücken, ich werde bald neue Alltagsroutinen entwickeln und sie im Ablauf festigen. Ich werde einen Ausgleich finden. In der Zwischenzeit werde ich noch ein wenig leiden dürfen. Doch das ist okay.