Der volle Kalender

In big companies hat sich das Statussymbol des vollen Kalenders durchgesetzt. Umso mehr meetings, umso grösser der Respekt und die Anerkennung eines Mitarbeitenden. Ein voller Kalender verheisst Betriebsamkeit, verspricht Begehrtheit. Insbesondere das middle management ist angesteckt worden.

Alle vice presidents oder managing directors konkurrieren, wer beschäftigter, nachgefragter sei. Schliesslich sind das eben jene Positionen, die den grossen Wasserkopf einer ebensogrossen company bilden. Sie erwirtschaften keinen direkten Gewinn, sie verursachen bloss Kosten. Niemand weiss, was sie tun.

Also hängen sie in meetings herum. Sie simulieren Gewicht, obwohl sie keines haben. Die aktuelle Agile Transformation bedroht diese Arbeitsplätze. Der klassische Manager ist abgeschafft; ein Übrigbleibsel der bürokratisierten Neunziger. Den langsamen Tod kann man mit meetings verzögern, aber nicht verhindern.

Meine Aufgabe ist es, diese unproduktiven Bürokraten auf ihre neue Herausforderung, Aufgabe vorzubereiten. Ich versuche ihnen weiszumachen, dass sie ohne Bedeutung und Zweck sind und eine Fachkarriere anstreben sollen. Ich entzaubere ihre Managementlehren der business school der Neunziger.

Sie wehren sich manchmal. Sie vereinbaren meetings, sie erfinden boards und sonstige Gremien, die entscheiden, worüber längst gerichtet ist. Sie beschaffen sich Arbeit und Sinn. Irgendwie bedauere ich sie. Sie sind in den Neunziger grossgeworden, everything goes. Und nun werden sie überflüssig, selber wegrationalisiert.

Das ist hart. Auch diese Menschen haben ein soziales Umfeld. Auch sie müssen von ihrer Arbeit erzählen können. Sie müssen ihre Frauen selbstbewusst penetrieren können. Sie müssen prahlen können; in den Skiferien, in den Badeferien oder sonstwie. Sie dürsten nach Anerkennung wie wir alle, wie jedermann.

Mein Kalender war und ist nicht besser. Ich bin per Definition stets ausgebucht. Meine Ressource ist per Definition verknappt. Ich bin kostbar, ich verrechne meinen exakten Aufwand. Der Kunde muss stets abwägen, ob er mich wirklich konsultieren soll. Denn ich koste unmittelbar.